Machowissenschaft - Clara Immerwahr & Nobelpreisträger Fritz Haber - Beitrag bei Radio KIT am 19.02.2015

Published: March 2, 2015, 12:32 p.m.

Das Schicksal der Clara Immerwahr ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sehr in der Wissenschaft patriarchale Machtstrukturen alles andere verdrängen können, wie bedenkenlos sich Wissenschaft für militaristische Ziele instrumentalisieren lässt. Immerwahr promovierte 1900 "magna cum laude" als erste Frau an der Universität Breslau im Fach Physikalische Chemie. Als sie den jungen Chemiker Fritz Haber heiratet, ist ihre eigene wissenschaftliche Karriere zu Ende. Der Professor für Elektrochemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe ist ein Macho, wie er im Buch steht. In ihrem Haus in der Karlsruher Weststadt drängt er seine Frau immer mehr in die Rolle einer Hausfrau. Zugleich ist er ein glühender Nationalist und Anhänger des preußischen Militarismus. 1914 beginnt Haber seine Forschungen ausschließlich militärischen Zielen zu unterwerfen. Obwohl die Haager Landkriegsordnung ausdrücklich den Einsatz von Gift verbietet, arbeitete Haber daran, Chlorgas für den Fronteinsatz tauglich zu machen. Dafür führte er zahlreiche Tierversuche mit Hunden, Katzen und Affen durch, bei denen die gleichen Symptome wie später bei den Soldaten an der Front auftraten: Lungenödeme, eine Art innerliches Ertrinken, ein qualvoller Tod. Für Clara Immerwahr sind diese Forschungen eine Perversion der Wissenschaft. Im Frühjahr 1915 reist Haber nach Flandern, um dort 6000 mit Chlor gefüllte Gasflaschen einzugraben. 150 Tonnen Chlorgas treiben auf die französischen Stellungen zu. Tausende Soldaten finden einen qualvollen Tod. Haber wird zum Hauptmann befördert. Seiner Frau Clara Immerwahr aber bleibt nur der Freitod. An der Universität Karlsruhe, dem heutigen KIT, gibt es ein jahrelanges Ringen, den "Fritz-Haber-Weg" auf dem Campus Süd in "Clara-Immmerwahr-Straße" umzubenennen. Eine Reihe von Hochschulgruppen sieht in Fritz Haber einen Kriegsverbrecher und einen Beleg dafür, dass eine Zivilklausel für die Forschung unverzichtbar sei. Radio KIT hat mit einer Aktivistin gesprochen.