Stefan-Ludwig Hoffmann: Jenseits der Imperien? Antikolonialismus, Kommunismus und Menschenrechte

Published: Jan. 18, 2024, 9:44 a.m.

b'Worin bestand die globale Anziehungskraft des Kommunismus im 20. Jahrhundert? Das Versprechen, die Ausbeutung im eigenen Land zu beenden war immer auch gebunden an die Idee, zuk\\xfcnftig eine andere, humanere internationale Ordnung zu schaffen: "Die Internationale erk\\xe4mpft das Menschenrecht." Das Ende des Kolonialismus in den drei Dekaden nach 1945 ver\\xe4nderte die Welt grundst\\xfcrzend und mit ihr das V\\xf6lkerrecht. Es waren vor allem die neuen unabh\\xe4ngigen Staaten Afrikas und Asiens (oft mit Unterst\\xfctzung der Sowjetunion im Kalten Krieg), die in den internationalen Organisationen auf eine postimperiale Weltordnung dr\\xe4ngten, aufgebaut auf den Leitbegriffen der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts der V\\xf6lker. Erst seit den sp\\xe4ten siebziger Jahren, vor allem aber nach 1989/90 werden die Menschenrechte vom Westen neu entdeckt und begrifflich gewendet angesichts des Scheiterns der postkolonialen und sozialistischen Staaten und des Absturzes in B\\xfcrgerkriege und Genozide. Die Menschenrechte wurden so, wie Hans Magnus Enzensberger 1994 beobachtete, "zum letzten Refugium des Eurozentrismus".'