Kaltgestellt - Intellektuelle in den Knast

Published: Jan. 18, 2024, 9:44 a.m.

b'Als 1956 in der Sowjetunion unter Chruschtschow eine Entstalinisierung eingeleitet wird, sehen auch junge Intellektuelle in der DDR die historische Chance, mit dem bisherigen Sozialismus sowjetischer Pr\\xe4gung zu brechen. Aber mit der Niederschlagung der ungarischen Revolution im November 1956 hat sich das kurze \\xbbTauwetter\\xab in der DDR verzogen. Wenige Jahre nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 antwortet Ulbricht seinen Kritikern mit Schauprozessen. Von den Parteidogmen abweichende Meinungen werden zu Staatsverbrechen erkl\\xe4rt. Gustav Just geriet als stellvertretender Chefredakteur der kulturpolitischen Zeitung \\xbbSonntag\\xab 1957 in den Strudel der so genannten \\xbbHarich-Janka-Verschw\\xf6rung\\xab und wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Auch Erich Loest hoffte auf eine Entstalinisierung in der DDR und einen menschlichen Sozialismus. Daf\\xfcr sollte er teuer bezahlen: Sieben Jahre Zuchthaushaft in Bautzen. In seinem Buch \\xbbProzesskosten\\xab beschreibt Loest nicht nur eindrucksvoll und fesselnd die Ereignisse, die zu seiner Verhaftung f\\xfchrten. Er stellt seine pers\\xf6nliche Geschichte auch in den historischen Kontext und schreibt mit f\\xfcnfzig Jahren Abstand von der Zurichtung der DDR durch die Aburteilung einiger ihrer besten K\\xf6pfe.'