Episode 105: Wiegenlied fur eine Leiche (Hush... Hush, Sweet Charlotte), 1964

Published: Sept. 29, 2019, 1:30 p.m.

b'Bette Davis spielt die junge Deb\\xfctantin, die bald im S\\xfcden der USA verheiratet werden soll. Soweit bekannt aus den gro\\xdfen Tagen Hollywoods. Problem nur: sie ist bei HUSH\\u2026 HUSH, SWEET CHARLOTTE weit \\xfcber 50 und soll sogar eine Frau \\xfcber 60 spielen. Wir sehen schon, hier wird reflektiert und schon postmodern mit der Filmgeschichte gearbeitet, sogar noch bevor New Hollywood dies zur Norm macht. Robert Aldrich, zu dieser Zeit einer der wenigen Regisseure, die auch ihre Filme produzieren d\\xfcrfen, merkt aber, dass er nur so Leute vom TV in das Kino ziehen kann. Und er schafft es auch, politischen Subtext zu bieten, denn er erschafft einen Film, der tief im Southern Gothic verankert ist und so auch die aktuellen Rassenunruhen kommentiert, indem er zeigt, wie die schwarze Bev\\xf6lkerung im S\\xfcden immer noch die Diener sind, aber auch, indem er mit Agnes Moorhead eine wei\\xdfe Schauspielerin die Rolle im gleichen, rassistisch gepr\\xe4gten Stil spielen l\\xe4sst, die in Filmen wie GONE WITH THE WIND (1939) noch schwarze Darsteller spielen mussten. Aber der Film ist weit mehr Kom\\xf6die, klassisches Schauspiel auf 12 gedreht und eine radikale Selbstparodie der Schauspieler, neben Davis auch Joseph Cotton oder Olivia De Havilland, die ihre Klischee-Rolle alter Zeiten auseinandernehmen d\\xfcrfen. Man merkt: Aldrich ist einer dieser Mavericks in Hollywood, die den Weg f\\xfcr die jungen Wilden frei gemacht hat, die schon bald das US-Kino auf links drehen werden.'