Die Freiheit der Bits

Published: Aug. 28, 2000, 8 p.m.

b'Die Philosophie des "free flow of information" erm\\xf6glicht heute \\xfcber das Internet nicht nur den Zugriff auf Informationen, sondern auch auf Anordnungen von Bits, die von Juristen mitunter als "Produkte" bezeichnet werden. Aus einem harmloss Fluss von Bits quer die Datenwege rauf oder runter wird dann auf einmal ein "Diebstahl geistigen Eigentums". Wenn Bits sich vermehren, ist das f\\xfcr die Juristen kein Sex, sondern an ein Verstoss gegen das Urheberrechtsgesetz. Dank Komprimierungsverfahren wie MP3, Distributions- und \\xdcbertragungstechniken, Suchmaschinen und Kulturdurst flutscht es mittlerweile gewaltig: nicht nur Software, sondern auch Musik und anll\\xe4hlich auch Filmdateien werden munter im Netz verteilt und quer durch die Welt geschickt. \\n\\nDie Diskussion \\xfcber den Wegfall der Kontrolloption f\\xfcr nicht-materielle G\\xfcter ist zwar bereits in vollem Gange, momentan allerdings dominiert durch diejenigen, die Ihre Gesch\\xe4ftsmodelle den (Daten-)bach runtergehen sehen: die Musik-Industrie z.B., allen voran die CD-Presser, der Bundesverband der phonographischen Industrie und Smudo von den Fanatischen Vier. Ihrem Katzengejammer wollen wir im Chaosradio diesmal nicht wirklich Geh\\xf6r schenken. \\n\\nUnser Ansatz geht vielmehr davon aus, da\\xdf nicht nur das Zeitalter der Kontrolle von nicht-materiellen G\\xfctern (also Anordnungen von Bits) vorbei ist, sondern auch das Zeitalter des "geistigen Eigentums". Wir wollen das auch nicht mehr: dieser dauernde Diebstahl aus dem kollektiven Unterbewusstsein und dem \\xf6ffentlichen Raum der Ideen und Gedanken. \\n\\nAlso machen wir uns mal ans Werk: geistiges Eigentum? Urheberrecht? Patentgesetze? Copyright? Lizenzgeb\\xfchren? K\\xf6nnen wir diesen Unsinn unter der \\xdcberschrift "Evolution\\xe4r \\xfcberholt" auf den M\\xfcllhaufen der Geschichte werfen?! Oder ist irgendetwas davon noch zu gebrauchen? Nehmen wir mal an, wir entsorgen die bestehenden Regelungen komplett und r\\xfcckstandsfrei. Was bleibt? \\n\\nK\\xfcnstler, Autoren, Musiker, Filmemacher, Wissenschaftler und viele andere sind kreativ. Haben Ideen, Gedanken, lustige Melodien, Forschungsergebnisse und sonstige Anordnungen von Information, in denen echte Arbeit steckt. Und die muss irgendwie bezahlt werden. \\n\\nBruce Schneier, weltbekannter Kryptologe und Autor von "Applied Cryptography" hat sich etwas ausgedacht: das Street Performer Protocol http://www.counterpane.com/street_performer.html . Ein Finanzierungsmodell, das K\\xfcnstlerfinanzierung durch eine Art Vorab-B\\xf6rse l\\xf6sen soll. Aber vielleicht gibt es auch noch ganz andere Ideen? \\n\\nIm Chaosradio 53 wollen wir streiten: \\xfcber die Abschaffung des "geistigen Eigentums", die Sinnhaftigkeit von Urheberrechten, der Blockade von Entwicklungen durch Patente und alternative Modelle, Kultur und Wissenschaft zu finanzieren. \\n\\nAuch \\xfcber den Islam wird zu sprechen sein: dort ist nicht nur das Zahlen von Lizenzgeb\\xfchren, sondern auch die Deklarierung von nicht-materiellen G\\xfctern als Produkte verboten; Copyright und \\xe4hnliches schlicht nicht akzeptiert.'