Wir sind im Bus in Richtung Italien gefahren, haben eine Zwischen\xfcbernachtung eingelegt und sind dann \xfcber die Alpen ged\xfcst. Es ist ein Traum. Ich hatte immer das Gef\xfchl, dass ich etwas verpasse, wenn ich nicht aus dem Fenster schaue um alles zu sehen: die wundervollen Berge, den Nebel am morgen und die Sonne sp\xe4ter, die Fl\xfcsse und B\xe4che und die tobenden Wolken.\n\nUnd dabei fiel mir interessanter weise ein, dass ein Slogan der friedlichen Proteste in der DDR hie\xdf: "Weltanschauung kommt von Welt anschauen!" Das kann nur verstehen, wer im abgeschotteten Land leben musste und nur, wenn man genug Geld hatte, in die L\xe4nder \xf6stlich der DDR fahren konnte, aber immer eingetrichtert bekommen hat, dass die sozialistische Weltanschauung die Beste ist. Das fand ich als reisehungrige Jugendliche irgendwie ein Hohn, weil man sich ja nichts anschauen konnte.\n\nUnd jetzt, jetzt k\xf6nnen wir reisen, aber schauen wir uns die Welt und die Menschen an oder bleiben wir in einer abgeschotteten Touristenblase ohne Kontakt zur realen Welt unseres Reiselandes? Manche aus meiner Verwandtschaft bleiben mit Vergn\xfcgen in ihren perfekten Urlaubsressorts und verlassen es nur f\xfcr gef\xfchrte Bustouren. Meine Pilgergruppe ist da anders. Und ich freue mich dar\xfcber. Wir schauen jeden Tag ein oder zwei bedeutsame St\xe4tten von Franziskus und Klara an und sie h\xf6ren und erfahren die Geschichten dazu und sie sind den Rest des Tages damit besch\xe4ftigt, die Stadt zu erleben, zu durchstreifen, sich ruhige Pl\xe4tze zum Verweilen zu suchen, Tagebuch zu f\xfchren und sich am Abend dar\xfcber auszutauschen, was sie Neues f\xfcr sich selbst entdeckt haben.\n\nUnd sowas geht ja nicht nur auf Reisen. Auch Sie zuhause k\xf6nnen heute mal aufmerksam schauen, ob Sie anderes sehen oder h\xf6ren oder erfahren als an normalen Tagen, ob sie eine Zeit der Stille im Trubel Ihres Alltags finden, in dem sie ihren Herzschlag zur Ruhe bringen und Ihre Gedanken in andere Richtungen bewegen k\xf6nnen. Und vielleicht finden Sie am Abend jemanden, mit dem Sie die neu gemachten Erfahrungen austauschen k\xf6nnen: die Menschen mit denen Sie leben, Kollegen oder Nachbarn, Zufallsbekanntschaften oder Gott, der immer da ist und zuh\xf6rt, wenn Sie mit ihm plaudern m\xf6chten.