Warum ich in der Kirche bleibe!

Published: Sept. 12, 2022, 4 a.m.

Nachdem der Jesuit Klaus Mertes im Jahr 2010 den systematischen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen am Canisius-Kolleg in Berlin aufgedeckt hat, ist endlich eine Lawine losgetreten worden. Eine Lawine von T\xe4tern und Taten und Opfern innerhalb der Kirche. Aber eben auch die riesige Wand von wegsehen, vertuschen, nicht wahrhaben wollen, ausgrenzen, schweigen.\n\nUnd im Laufe der Jahre ist immer deutlicher geworden: Ohne eine grundlegende Ver\xe4nderung des Systems Kirche, vor allem ihrer seit Langem nicht mehr vermittelbaren Sexualmoral, wird es keine Aufarbeitung des riesigen Komplexes Missbrauch geben k\xf6nnen. Auf diesem Hintergrund wurde der Synodale Weg ins Leben gerufen: Christinnen und Christen, Ordensleute und alle deutschen Bisch\xf6fe haben sich auf den Weg gemacht, um systematische Ver\xe4nderungen m\xf6glich zu machen, damit Missbrauch jeglicher Art offengelegt und bek\xe4mpft wird und Strukturen so ver\xe4ndert werden, dass der Sumpf trockengelegt wird, in dem das jahrhundertelang m\xf6glich war.\n\nUnd dann, in der gerade begonnenen vierten Synodalversammlung der unglaubliche Eklat: Das genau wegen dieses Themas wichtigste Papier zu "Leben in gelingenden Beziehungen", \xfcber das zwei Jahre lang beraten und gearbeitet worden war, bekommt zwar mehr als 82 Prozent Ja-Stimmen aller Delegierten, aber nicht die Zweidrittelmehrheit der Bisch\xf6fe. Ein paar Stimmen fehlten. Ratlosigkeit und Wut und Ver\xe4rgerung und Trauer und Verletzungen auf allen Seiten. Was nun?\nMir geht es so, wenn ich keinen Rat mehr wei\xdf und keine Idee habe, dann schaue ich mir den Text aus der Heiligen Schrift an, der mir zur entsprechenden Tagzeit vorgelegt wird.\n\n\nDer heutige Text zum Morgengebet ist aus dem Buch Judith und da hei\xdft es:\n"Lasst uns dem Herrn, unserem Gott, danken, dass er uns ebenso pr\xfcft wie schon unsere V\xe4ter. Denkt daran, was er mit Abraham machte, wie er Isaak pr\xfcfte und was Jakob im syrischen Mesopotamien erlebte, als er die Schafe Labans, des Bruders seiner Mutter, h\xfctete. Denn wie er diese M\xe4nner im Feuer gel\xe4utert hat, um ihr Herz zu pr\xfcfen, so hat er auch mit uns kein Strafgericht vor, sondern der Herr z\xfcchtigt seine Freunde, um sie zur Einsicht zu f\xfchren."\n\nIm Gespr\xe4ch bleiben, keine Br\xfccken abbrechen und mit dem Glauben in das helfende Wort Gottes nach L\xf6sungen suchen. So kann es vielleicht noch gelingen, das zerst\xf6rte Vertrauen neu aufzubauen und neue Wege zueinander zu suchen.\n\nUnd: Ja \u2013 ich bleibe in der Kirche. Wenn lebensnotwendige Ver\xe4nderungen mit den Bisch\xf6fen nicht m\xf6glich sind, m\xfcssen wir, also alle anderen Getauften bleiben, um die Kirche zu erneuern.