Nur Dagegensein ist zu wenig

Published: May 12, 2022, 4:04 a.m.

Seit Wochen sind die Kandidaten der Parteien an der Basis unterwegs, um f\xfcr ihre Person, ihre Partei, ihr Programm oder ihren Spitzenkandidaten zu werben. Und das ist oft wirklich nett. Da stehen die bunten St\xe4nde der Parteien zusammen mit dem Eierh\xe4ndler, dem Kartoffelmann, dem Gem\xfcsestand, dem Blumenh\xe4ndler auf dem Marktplatz und bieten quasi ihre Ware an. Und damit man sich dann auch an sie erinnert, gibt es viel Infomaterial, aber auch witzige Beigaben, Eyecatcher oder Giveaways. Da gibt es wundervolle tiefrote Rosen nicht von den Roten, scharfe Zwillingsmesser, damit man messerscharf denken und dann w\xe4hlen kann, es gibt Kugelschreiber nicht aus Plastik und Sament\xfctchen mit Kr\xe4utersamen oder f\xfcr bunte Blumenwiesen und \xe4hnliches und man kommt gut ins Gespr\xe4ch \xfcber diese Dinge und dann zu den eigentlichen wichtigen Themen.\n\nAber ich habe hier auch anderes erlebt. Zu einer Kundgebung auf dem Markt, zu dem zwei Ministerpr\xe4sidenten und ein Parteivorsitzende eingeladen waren, kamen knapp 1000 Menschen, von denen sich die allergr\xf6\xdfte Zahl auf diese Stunde gefreut haben und zuh\xf6ren wollten. Und es gab knapp 50 Leute, die genau das nicht wollten. Sie haben die ganze Zeit gebr\xfcllt, mit Fanfaren und Trillerpfeifen einen solchen L\xe4rm geschlagen, dass sich die Redner unglaublich anstrengen mussten, damit die, die gekommen waren, ihnen zuzuh\xf6ren, \xfcberhaupt etwas verstehen konnten.\n\nEs war keine Debatte, kein Austausch, kein Gespr\xe4ch m\xf6glich, wie ich es sonst bei solchen Gelegenheiten schon erlebt habe. Und mir scheint, dass das nicht nur in Wahlk\xe4mpfen der Parteien zur Zeit so ist und in vielen Auseinandersetzungen und Debatten eine gute Kultur verloren zu gehen scheint: die Kultur des Zuh\xf6rens, des andere Meinungen zun\xe4chst vortragen K\xf6nnens, des nicht ins Wort Fallen oder gar Niederbr\xfcllens, das Abw\xe4gen und Bedenken von Fakten und Argumenten und das nebeneinander stehenlassen K\xf6nnen von Meinungen und Pl\xe4nen, Vorstellungen und Gedanken.\n\nAuch innerkirchlich sind wir da nicht unbedingt vorbildlich. Auch hier gibt es das \xfcbereinander statt miteinander Reden, das offene Briefe Schreiben und zum Dialog auffordern, dann aber wieder nur Direktiven geben, sich in Gremien auseinandersetzen, dann aber die mehrheitlich gefassten Beschl\xfcsse nicht mittragen und vieles mehr.\n\nIch hoffe sehr, dass nicht nur bei der Wahl am Sonntag die gewinnen, die sachliche und ehrliche Argumente haben und nicht die wenigen Krachmacher, die daran \xfcberhaupt nicht interessiert sind, sondern nur dagegen sein wollen und keine eigentliche Idee haben, wie das Leben in Staat, Kirche und Gesellschaft gelingen kann.