Kirchliches Leben kann so schon sein!

Published: June 9, 2022, 5:16 a.m.

Am Wochenende war ich zum 80. Geburtstag einer Mitschwester eingeladen. Ein wunderbarer Nachmittag begann ganz entspannt: Wegen der Sperrung einer gro\xdfen Stra\xdfe in der Stadt, meldeten sich alle, die es irgendwie nicht p\xfcnktlich schaffen w\xfcrden. Also haben wir mehr als eine halbe Stunde fr\xf6hlich plaudernd gewartet und als alle da waren, mit einem festlich sch\xf6nen, aber recht au\xdfergew\xf6hnlichen Gottesdienst begonnen. Als Lesung der Lieblingspsalm der Schwester, der Psalm\xa0 90, die Predigt auch dazu, dann Musik mit Violine, Saxophon, Kontrabass, Keyboard und Gitarre, manches auch in wundersch\xf6nem Zusammenspiel. Mehrstimmige Messges\xe4nge von allen, und F\xfcrbitten in den vielf\xe4ltigen Anliegen von Kirche und Welt. Aus zwei gro\xdfen T\xf6pfen wurde dann selbstgekochte Suppe verteilt und sp\xe4ter gab es Kaffee und Kuchen, den ebenso mehrere G\xe4ste zum Fest mitgebracht hatten. Im entz\xfcckend kleinen Innenhof waren die ersten roten Johannisbeeren und sogar schon Himbeeren reif und man konnte, von den Tischen aus, an den Str\xe4uchern naschen.\n\nAuf mich hat dieser Nachmittag so entspannt und fr\xf6hlich gewirkt, dass man fast vergessen konnte, welch anstrengendes Leben unsere Mitschwester gef\xfchrt hat. Sie war viele Jahre Novizenmeisterin und hat junge Frauen auf ihren Wegen in die Ordensgemeinschaft begleitet, hat dann viele Jahre die Obdachlosenseelsorge in K\xf6ln aufgebaut und diesen Ort "Gubbio\u201c f\xfcr Menschen auf der Stra\xdfe mitgegr\xfcndet und gestaltet, war dann zw\xf6lf Jahre leitende Oberin der deutschen Provinz und hat viele H\xf6hen und Tiefen mit der Gemeinschaft und uns Schwestern erlebt und getragen und auch erlitten. Und aus allen diesen Lebensbereichen waren einige G\xe4ste eingeladen um mitzufeiern.\n\n\nBeim Abr\xe4umen nach dem Mittagessen w\xe4ren mir, in der K\xfcche, fast die Teller aus der Hand gefallen: Da standen ein Weihbischof und einer der Gesch\xe4ftsf\xfchrer unserer Ordenswerke beim Sp\xfclen und beim Einr\xe4umen der Sp\xfclmaschine, haben Hand in Hand gearbeitet und sich \xfcber eine etwas komplizierte Idee unterhalten, in der es um den Bau eines Hospizes f\xfcr Obdachlose geht.\nSo als w\xfcrden sie nie etwas besseres gemacht haben: bei einem Fest den Sp\xfcl \xfcbernehmen und ganz nebenbei an einer Idee spinnen, die Menschen, denen das Leben nicht gerade Rosen gestreut hat, ein wenig W\xfcrde und Geborgenheit am Ende ihres Lebens zu schenken. Wunderbar. Und am sp\xe4teren Nachmittag ging die Party weiter, mit den Menschen von der Stra\xdfe, denen unsere Mitschwester und ihre Nachfolgerinnen ihre Jahre und ihr Herzblut gewidmet haben.