Geteilte Erinnerung: Das kurze Leben des Philipp Muller

Published: Sept. 23, 2024, 12:17 p.m.

Vor 70 Jahren: Essen am 11. Mai 1952. Trotz Verbot durch die Beh\xf6rden versammeln sich Tausende zumeist junge Demonstranten in der Ruhr-Metropole. Sie protestieren gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik. Es ist die Hochzeit des Kalten Krieges. Als Mitinitiator der Kundgebung gilt der westdeutsche Ableger der SED-Jugendorganisation FDJ. Die war im Jahr zuvor von der Bundesregierung als verfassungsfeindliche Organisation verboten worden. Die Demonstranten ignorieren die Aufforderung der Polizei, sich zu zerstreuen. Es kommt zum Schlagstockeinsatz. Demonstranten antworten mit Stein- und Flaschenw\xfcrfen. Der Einsatz von Schusswaffen wird befohlen, die nicht nur zu Warnsch\xfcssen abgefeuert werden. Die Bilanz des Tages sind zwei Schwerverletzte \u2013 und der erste Demonstrationstote der noch jungen Bundesrepublik. Es ist der 21-j\xe4hrige Arbeiter Philipp M\xfcller, der auf dem Weg ins Krankenhaus seiner Schussverletzung erliegt.
\nW\xe4hrend M\xfcller in der alten Bundesrepublik schnell in Vergessenheit ger\xe4t, wird er in der DDR \xfcber Jahrzehnte als \u201esozialistischer Held\u201c und antifaschistischer Widerstandsk\xe4mpfer Namensgeber von Stra\xdfen, Pl\xe4tzen, Schulen, Betrieben, Jugendclubs und Medaillen - selbst ein Trawler der DDR Fischereiflotte wurde nach ihm benannt. Wie im Brennglas exemplifizieren sich in der Person Philipp M\xfcllers die Geschichte des Kalten Krieges sowie die im doppelten Wortsinne geteilte Erinnerungskultur des vereinten Deutschlands.
\nDer Leipziger Historiker und Geschichtsdidaktiker Professor Dr. Alfons Kenkmann stellte am 21. April 2022 die Ergebnisse seiner Forschungen zu Philipp M\xfcller vor.