Die Akte Xandr (37c3)

Published: Dec. 27, 2023, 11:55 a.m.

Dieses Jahr konnten wir erstmals im Detail nachvollziehen, wie invasiv und kleinteilig uns Werbefirmen und Datenh\xe4ndler im Netz kategorisieren. Denn Microsofts Datenmarktplatz Xandr hat versehentlich ein riesiges Dokument ver\xf6ffentlicht, das ungeahnte Einblicke hinter die Kulissen die Werbeindustrie erlaubt. In der Folge haben mehrere Datenschutzbeh\xf6rden aus Deutschland und der EU mitgeteilt, die betroffenen Firmen und ihr Gesch\xe4ft zu pr\xfcfen. Aller Cookie-M\xfcdigkeit zum Trotz zeigt unsere Recherche: Aufgeben ist nicht. Es gibt Alternativen f\xfcr das Gesch\xe4ft mit unseren Daten, f\xfcr die es sich zu k\xe4mpfen lohnt.\n\nWas auch immer wir im Internet tun, es wird aufgezeichnet und ausgewertet, um uns zielgerichtet Werbung anzuzeigen. An diese triste Realit\xe4t haben sich viel zu viele Menschen l\xe4ngst gew\xf6hnt. Wo genau unsere Daten landen, wenn wir Websites aufrufen oder Apps nutzen, das k\xf6nnen die wenigsten nachvollziehen. Bis jetzt.\n\nDurch ein Dokument, das eigentlich nicht f\xfcr die \xd6ffentlichkeit bestimmt war, konnten wir dieses Jahr einen einmaligen Einblick gewinnen. Es ist die Angebotsliste von Xandr, einem der gr\xf6\xdften Datenmarktpl\xe4tze der Werbewelt. Sie enth\xe4lt mehr als 650.000 unterschiedliche Zielgruppenkategorien - also Schubladen f\xfcr Menschen, um sie mit Targeted Advertising zu erreichen.\n\nBei einigen dieser Kategorien m\xf6chte man laut auflachen, bei anderen bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Ob \u201efragile Senioren\u201c oder \u201eleidenschaftliche Liebhaber\u201c, ob shopping-versessene M\xfctter oder Menschen mit Essst\xf6rung, ob deutsche Soldat:innen oder \u201eGeringverdiener ohne Orientierung\u201c \u2013 sie alle lassen sich durch die Werbeindustrie gezielt ins Visier nehmen.\n\n\u201eDiese Liste ist das gewaltigste Dokument \xfcber den globalen Datenhandel, das ich je gesehen habe\u201c, sagt der Wiener Tracking-Forscher Wolfie Christl und spricht von einem Skandal. Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband spricht gar vom \u201eSnowden-Moment der Online-Werbebranche". Denn dass Werbeindustrie und Datenh\xe4ndler uns \xfcberwachen, wussten wir schon lange \u2013 jetzt haben wir schwarz auf wei\xdf, wie invasiv und detailliert das passiert.\n\nWochenlang haben wir das Dokument ausgewertet, unter anderem mit Hilfe des Datenjournalisten Johannes Gille und unserer Kollegen von The Markup aus den USA. Wir decken Hunderte \xe4u\xdferst bedenkliche Segmente \xfcber die Schw\xe4chen und das Verhalten von B\xfcrger:innen aus 15 EU-L\xe4ndern auf. Wir belegen erstmals, wie stark inzwischen auch deutsche Firmen am Gesch\xe4ft mit unseren Daten mitverdienen. Und wir dokumentieren, auf welch t\xf6nernen F\xfc\xdfen dieses Business rechtlich steht.\n\nIn unserem Vortrag pr\xe4sentieren wir die wichtigsten Ergebnisse unserer \n[Artikel-Serie](https://netzpolitik.org/tag/die-xandr-recherche/) und die Methoden unserer Recherche. Mehrere internationale Medien haben die Recherche bereits aufgegriffen und Analysen f\xfcr die USA, Australien, die Niederlande und die Schweiz ver\xf6ffentlicht\n\nWir zeigen, wo genau Interessierte an die Recherche ankn\xfcpfen k\xf6nnen \u2013 und wie Nutzer:innen selbst aktiv werden k\xf6nnen. Nicht zuletzt machen wir klar: Das System kann weg, denn es gibt l\xe4ngst Alternativen zur \xdcberwachungsindustrie.\nabout this event: https://events.ccc.de/congress/2023/hub/event/die_akte_xandr_ein_tiefer_blick_in_den_abgrund_der_datenindustrie/