Theorien zur Dynamik der Lohnspreizung
b'In den letzten Jahrzehnten ist es in den USA zu einem enormen Anstieg der Ungleichheit der Lohnverteilung gekommen. F\\xfcr einen Gro\\xdfteil der Geringqualifizierten war diese Entwicklung \\u2013 trotz erheblichen technologischen Fortschritts \\u2013 mit realen Einkommenseinbu\\xdfen verbunden. In den 1980er Jahren nahm die Lohnspreizung auch in einer Reihe europ\\xe4ischer Volkswirtschaften und seit den 1990er Jahren auch in Deutschland zu. Neben der detaillierten Darstellung dieser empirischen Trends besch\\xe4ftigt sich die Arbeit vor allem mit den m\\xf6glichen Ursachen der gestiegenen Lohnspreizung. Als potentielle Erkl\\xe4rungen f\\xfcr die USA werden zun\\xe4chst i) die reale Senkung der Mindestl\\xf6hne, ii) der verminderte gewerkschaftliche Organisationsgrad, iii) die vermehrte Immigration Geringqualifizierter und iv) der verst\\xe4rkte Au\\xdfenhandel mit L\\xe4ndern durchschnittlich geringerer Qualifikation diskutiert. Da diese Ans\\xe4tze einen Gro\\xdfteil der Entwicklung unerkl\\xe4rt lassen, wird dem technologischen Fortschritt als residualer Erkl\\xe4rung heute vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt. Versuche, den Anstieg der Lohnspreizung \\xfcber Skill-Biased Technological Change zu erkl\\xe4ren, stehen allerdings h\\xe4ufig im Widerspruch zur verringerten totalen Faktorproduktivit\\xe4t, wie sie seit dem Ende der 1960er Jahre zu beobachten ist. In der Arbeit wird ein neuer Mechanismus pr\\xe4sentiert, der dieses sogenannte Produktivit\\xe4tsparadox aufzul\\xf6sen vermag. Im Zentrum des Modells steht die Annahme eines beschleunigten technologischen Fortschritts, der die Produktivit\\xe4t zuk\\xfcnftiger Erwerbsperioden steigert und der deshalb zu Bildungsexpansion f\\xfchrt. Durch einen Gruppierungseffekt kommt es hierbei zu erh\\xf6hter Lohnspreizung und durch die l\\xe4ngere Abwesenheit Hochqualifizierter vom Arbeitsmarkt sowie einen m\\xf6glichen Anstieg der \\xdcberqualifikation kann sich im Modell - trotz beschleunigten Fortschritts - eine Verlangsamung des Produktivit\\xe4tswachstums einstellen. Im Rahmen eines Sraffa-Preis-Systems wird dar\\xfcber hinaus aber gezeigt, dass technologischer Fortschritt, der die Produktivit\\xe4t Hochqualifizierter erh\\xf6ht, auch zu Lohnkompression f\\xfchren kann. Zusammen mit den mangelnden empirischen Belegen zugunsten technokratischer Erkl\\xe4rungen f\\xfcr die gestiegene Lohnspreizung leitet sich hieraus erh\\xf6hter Bedarf nach alternativen Erkl\\xe4rungen ab. Zum Abschluss der Arbeit werden deshalb mit der Interaktion der Einkommensverteilungen von Frauen und M\\xe4nnern und der reduzierten Steuerprogression in vielen L\\xe4ndern seit den 1980er Jahren zwei vielversprechende Alternativen aufgezeigt.'