"Den eigenen Garten bebauen..." - Paul Klees Illustrationen zu Voltaires "Candide" als Durchbruch in der Entwicklung seines zeichnerischen Fruhwerks 2/2

Published: Jan. 1, 2006, 11 a.m.

b'Bis zu seiner Tunisreise von 1914 hat sich Klee fast ausschlie\\xdflich als Grafiker und Zeichner bet\\xe4tigt. Dabei stellte sich ihm schon fr\\xfch auch die Frage nach der Illustration, sei es in Form einzelner, satirischer Zeichnungen f\\xfcr den "Simplicissimus", sei es in der klassischen Form des Zyklus als Begleitung eines literarischen Werkes. 1909 kam ihm erstmals der Gedanke an die Illustration von Voltaires bekanntestem Roman "Candide ou l\\u2019optimisme" (1759), der ihn vor allem wegen seines "kostbar-sparsam-treffenden" Ausdrucks faszinierte. Doch erst 1911 begann er tats\\xe4chlich mit der Arbeit an den von ihm mit leichter Selbstironie "Candideln" genannten Illustrationen. Sie sollten ihn weitere zwei Jahre besch\\xe4ftigen \\u2013 m\\xfchevolle Jahre, wie er sp\\xe4ter schreiben wird. Jahre aber auch, die f\\xfcr seine k\\xfcnstlerische Entwicklung von h\\xf6chster Bedeutung waren. Noch 1928 schrieb er an den Dichter Paul Eluard: "Diese beiden Jahre bereue ich durchaus nicht, weil sie eine Vereinigung schlie\\xdflich brachten." Seit dem Verlassen der M\\xfcnchner Akademie im Sommer 1901 hatte Klee in seiner Kunst zwischen Naturnachahmung und Imagination, "Bildnerischem" und "Dichterischem", zwischen fester Kontur und deren weitgehender Aufl\\xf6sung geschwankt. Hier nun kam seine ruhelose Suche zu einem vorl\\xe4ufigen Ende: die genannten Kr\\xe4fte kamen ins Gleichgewicht und standen ihm fortan immer selbstverst\\xe4ndlicher zur Verf\\xfcgung. Damit aber hatte er sich, nur zwei Jahre vor seiner Initiation als "Maler" auf der Tunisreise, f\\xfcr den Bereich der Grafik den sprichw\\xf6rtlich gewordenen Schlusssatz des von ihm illustrierten Romans zu eigen gemacht: "Il faut cultiver notre jardin."'