Vom Oligomer zu supramolekularen Strukturen: Studien zur freien Diffusion, Selbstassemblierung und Elektrophorese von DNA und DNA-Chromophor-Hybriden

Published: Nov. 7, 2005, 11 a.m.

b'In der vorliegenden Arbeit wurden die diffusiven und elektrophoretischen Eigenschaften von Desoxyribonuklein-s\\xe4ure (DNA) und die Selbstassemblierung von DNA-Chromophor-Hybridmolek\\xfclen untersucht. Hierzu wurden, neben Gelelektrophorese und temperaturabh\\xe4ngigen Absorptionsmessungen, vor allem Fluoreszenz-Korre-lationsmethoden angewandt.\\nUm quantitative Aussagen mittels Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie (FCS) \\xfcber die freie Diffusion von doppelstr\\xe4ngigen (ds) DNA-Fragmenten (75 bp - 1019 bp) in w\\xe4ssrigen L\\xf6sungen zu treffen, wurden laserleis-tungsabh\\xe4ngige Messungen durchgef\\xfchrt. Diese Experimente ergaben, dass photophysikalische Effekte wie Triplettrelaxation, Isomerisations- oder Bleichprozesse die Autokorrelation entscheidend beeinflussen. Die L\\xe4n-genabh\\xe4ngigkeit der gemessenen Diffusionskonstanten kann mit einem Stabmodell beschrieben werden, das f\\xfcr alle verwendeten dsDNA-Fragmente, die Konturl\\xe4ngen von bis zu 7 Persistenzl\\xe4ngen aufweisen, G\\xfcltigkeit besitzt. In diesem Zusammenhang konnte auch gezeigt werden, dass kleinere Diffusionskonstanten lediglich bei der Zuga-be von zweiwertigen Salzen und bei hohen Salzst\\xe4rken (> 0,1 M) beobachtet werden. Durch eine Komplexierung der dsDNA-Fragmente mit kationischen und neutralen Lipiden war es m\\xf6glich, dsDNA in ein unpolares L\\xf6sungs-mittel (n-Alkan) zu \\xfcberf\\xfchren. Durch Messung der freien Diffusion konnte die Monodispersit\\xe4t von Lipid-dekorierten dsDNA-Fragmenten festgestellt werden. In der unpolaren Phase wurde eine kritische DNA-Konzentration (\\u2248 10 nM) festgestellt, die f\\xfcr die Stabilit\\xe4t der DNA-Lipid-Komplexe notwendig ist.\\nIn der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. M\\xfcllen am Max-Planck-Institut f\\xfcr Polymerforschung in Mainz wurde ein DNA-Chromophor-Hybrid synthetisiert, bei dem an ein zentrales Farbstoffmolek\\xfcl (Perylen) beidseitig jeweils ein kurzes ca. 20 Basen langes Oligonukleotid (ODN) kovalent angebunden wurde. FCS-Messungen, die die intrinsi-schen Fluoreszenzeigenschaften des Hybrids ausnutzten, konnten die L\\xf6slichkeit und Monodispersit\\xe4t der Hybride bzw. der Lipid-Hybrid-Komplexe sowohl in w\\xe4ssriger Phase als auch in Alkanen nachweisen. Durch eine geeigne-te Wahl der ODN-Sequenzen und der Ankn\\xfcpfungsstelle der ODN an den Farbstoffkern entstanden durch Basen-paarung unterschiedliche, supramolekulare Strukturen, die in Gelelektrophorese-Experimenten nachgewiesen wur-den. Symmetrische DNA-Chromophor-Hybride k\\xf6nnen neben beliebig langen, linearen Ketten bei entsprechender Modifikation der Bausteine sandwichartige Dimere ausbilden. Asymmetrische Hybride erm\\xf6glichen den Aufbau linearer Strukturen definierter L\\xe4nge (z. B. Dimere).\\nDie thermodynamischen Eigenschaften der unterschiedlichen, supramolekularen Konstrukte wurden durch tempe-raturabh\\xe4ngige Absorptionsexperimente untersucht. Die Denaturierung der linearen kettenartigen Strukturen kann durch ein Zwei-Zustands-Modell beschrieben werden, dessen energetische Eigenschaften sehr gut mit denen der verwendeten ODN \\xfcbereinstimmen. Im Fall der sandwichartigen Strukturen musste f\\xfcr den Schmelz\\xfcbergang ein Drei-Zustands-Modell angenommen werden, wobei die eingebauten Farbstoffkerne eine energetische Wechselwir-kung vermittelten.\\nNeben der freien Diffusion von dsDNA wurde deren elektrophoretische Drift untersucht. Dazu wurde ein Mikroe-lektrophorese-System entwickelt, bei dem die Drift im elektrischen Feld mittels zweier Laserfoki detektiert wird, die einen Abstand von ca. 5 \\xb5m aufweisen. Hierbei wirken die beiden Foki wie eine mikroskopische \\u201eLichtschran-ke\\u201c; die Driftzeit wird dabei durch eine Orts-Orts-Kreuzkorrelation der beiden Fluoreszenzsignale zug\\xe4nglich ge-macht. Auf Grund der methodisch bedingten sehr hohen Ortsaufl\\xf6sung ist es m\\xf6glich, detaillierte Aussagen \\xfcber die elektrophoretischen und elektroosmotischen Anteile an der Drift zu treffen. Experimente mit unterschiedlichen Feldst\\xe4rken zeigen, dass eine Temperatur\\xe4nderung durch den Eintrag von Joulscher W\\xe4rme nicht vernachl\\xe4ssigbar ist. Die elektrophoretische Mobilit\\xe4t ist in freier L\\xf6sung bei der verwendeten dsDNA unabh\\xe4ngig von der Frag-mentl\\xe4nge und betr\\xe4gt im Mittel 4,5\\u221910-4 cm2/Vs. Durch die gleichzeitige Messung von Drift und Diffusion konnte neben der elektrophoretischen Mobilit\\xe4t der dsDNA-Fragmente auch der Einfluss der hydrodynamischen Reibung ermittelt werden. Dadurch zeigt sich, dass neben der elektrostatischen Kraft und der Reibungskraft auch hydrody-namische Abschirmeffekte ber\\xfccksichtigt werden m\\xfcssen, um mit einem entsprechenden Kraftbild die Elektropho-rese-Experimente zu erkl\\xe4ren.\\nIm Gegensatz zu den Messungen in freier L\\xf6sung zeigt die elektrophoretische Drift der dsDNA-Fragmente in ei-nem physikalischen Polyethylenoxid-Netzwerk eine L\\xe4ngenabh\\xe4ngigkeit, die einem Potenzgesetz folgt (exp=-0,3). Berechnet man das Aufl\\xf6sungspotential der Elektrophorese-Experimente und vergleicht dies mit theoretischen Vorhersagen, so ergibt sich, dass die Diffusion im Vergleich zur Detektorausdehnung den deutlich st\\xe4rker limitie-renden Faktor bez\\xfcglich des Auftrennpotentials unterschiedlich langer DNA darstellt. Die Auftrennung unter-schiedlich langer dsDNA-Fragmente in der L\\xf6sung konnte experimentell nachgewiesen werden, wobei die Aufl\\xf6-sungsgrenze ungef\\xe4hr 400 bp betrug.\\nDie vorgestellten Ergebnisse belegen, dass FCS zur quantitativen Charakterisierung der Diffusion eingesetzt wer-den kann. Dar\\xfcber hinaus erlaubt die simultane Messung von elektrophoretischer Drift und Diffusion mit Hilfe von Doppelfokus-FCS, die Bildung von supramolekularen Konstrukten im Bezug auf Ladung und Geometrie mit einer Zeitaufl\\xf6sung im Minutenbereich zu verfolgen.'