Zur Signalausbreitung und Konvergenz im Dendritensystem der elektrosensorischen Afferenz am Beispiel des clusterbildenden Welses Schilbe mystis

Published: July 11, 2003, 11 a.m.

b'Bei Welsen der Spezies Schilbe mystis kommt es im elektrosensorischen System zur Konvergenz mehrerer (bis zu ca. 30) ampull\\xe4rer Rezeptororgane eines sog. Clusters auf ein prim\\xe4res afferentes Neuron. Es gibt zwei morphologische Grundtypen der Clusterinnervierung (stern- oder baumf\\xf6rmig); bei Clustern vom "B\\xe4umchentyp" an der Analflossenbasis erstreckt sich das Konvergenzareal \\xfcber bis zu ca. 2 mm. Die Dendriten weisen eine vollst\\xe4ndige, aber untypische Myelinisierung mit u.a. sehr kurzen Internodienabst\\xe4nden auf und erreichen L\\xe4ngen bis zu ca. 3mm. Im Unterschied zu Physialia spec. sind bei Schilbe die Leitungsl\\xe4ngen innerhalb eines Clusters vom B\\xe4umchentyp zwischen Synapse und Axonstamm - und davon abh\\xe4ngig auch die elektrischen Eigenschaften der Dendriten - sehr unterschiedlich.\\n\\nAmpull\\xe4re Rezeptororgane sind spontanaktiv und generieren in der afferenten Faser Aktionspotentiale in sehr regelm\\xe4\\xdfiger Abfolge; die statistische Auswertung des Interspike-Intervalls zeigt eine eingipflige, schmale, symmetrische Verteilung (s = 7%). Zusammen mit den Ergebnissen zur Empfindlichkeitsaddition im Cluster (Peters & Mast 1983, van Dongen & Bretschneider 1984, Peters & van Ieperen 1989, Peters et al. 1997a) und \\xdcberlegungen zur Signalausbreitung lassen sich diese Ergebnisse nur mit monozentrischer Erregungsbildung im Axonstamm erkl\\xe4ren (Best\\xe4tigung durch progressive TTX-Vergiftungsexperimente, s.u.) und sind mit der "Kollisionstheorie" (Murray & Capranica 1973, Pabst 1977, Holden 1976, Sanchez & Zakon 1990, Teunis et al. 1990b, Longtin & Racicot 1996) nicht vereinbar. Nach MS-222 An\\xe4sthesie oder Anwendung des Natriumkanal-Blockers TTX zeigt die Histogrammverteilung charakteristische Ver\\xe4nderungen und gibt so weitere Hinweise auf Funktionsmechanismen bei Erregungsbildung und Fortleitung. \\n\\nDer Vergleich der me\\xdfbaren Aktionspotentialamplituden im Cluster zeigt keine Abh\\xe4ngigkeit von der Fortleitungsdistanz innerhalb des Dendritenbaums. Die Ergebnisse sind nur mit einer aktiven Invadierung der Endarborisation vereinbar, was auch durch progressive TTX-Vergiftungsexperimente klar best\\xe4tigt wird (s.u.).\\n\\nEs gibt w\\xe4hrend "kathodischer Inhibition" mit starken Stimuli nach der zu erwartenden anf\\xe4nglichen Unterdr\\xfcckung der Nervenantwort eine Plateauphase, in der eine reduzierte, sehr regelm\\xe4\\xdfige Spontanaktivit\\xe4t bei fehlender Reizempfindlichkeit auftritt. Die R\\xfcckkehr der Empfindlichkeit nach dieser Phase erfolgt anisotrop. Dies legt die Existenz wenigstens zweier adaptiver Prozesse innerhalb der analogen Verarbeitung (vor der Generation von Aktionspotentialen) nahe. Nach den Ergebnissen der progressiven TTX-Vergiftung ist der schnellere dieser Mechanismen in den Dendriten lokalisiert und korreliert mit der Adaptation dendritischer Natriumkan\\xe4le.\\n\\nEs gibt eine positive, nichtlineare Korrelation zwischen Spikeamplitude und Interspike-Intervall: bei Stimulation des Systems tritt eine Amplitudenverminderung ein und umgekehrt. Ein Zusammenhang mit Refrakt\\xe4rph\\xe4nomenen oder "Shuntingprozessen" in der Endarborisation kann ausgeschlossen werden. Das Ergebnis ist allein auf der Basis verminderter Aktivierbarkeit der dendritischen Natriumkan\\xe4le (potentialabh\\xe4ngige Inaktivation) aufgrund des EPSP-induzierten Anstiegs des intradendritischen Potentials zu erkl\\xe4ren und gibt damit Hinweise auf die aktive Rolle der Natriumkan\\xe4le bei der Fortleitung graduierter Potentiale.\\n\\nProgressive TTX-Blockierungsexperimente der dendritischen Natriumkan\\xe4le zeigen bei Doppelableitungen von proximalen und distalen Organen innerhalb eines Clusters charakteristische, hochsignifikante Ver\\xe4nderungsmuster in Aktionspotentialamplituden, Reizempfindlichkeit und Erregungsmustern in Abh\\xe4ngigkeit von der Diffusionsrichtung des Kanalblockers. Die Ergebnisse liefern u.a. eindeutige Hinweise, da\\xdf: (1) in jedem Cluster nur ein Impulsentstehungsort f\\xfcr die Generierung der Aktionspotentiale verantwortlich ist, der sich im Axonstamm der gemeinsamen Afferenz befindet. (2) Die Ausbreitung der postsynaptischen Potentiale erfolgt mit aktiver Unterst\\xfctzung dendritischer Natriumkan\\xe4le, die im unterschwelligen Bereich als spannungsgesteuerte Stromverst\\xe4rker arbeiten und postsynaptische Signale stabil verst\\xe4rken; damit schaffen sie erst die Voraussetzung f\\xfcr Konvergenz und Addition der Analoginformation im Axonstamm. (3) Die Endarborisation wird in ihrer gesamten Erstreckung von den Aktionspotentialen aktiv retrograd invadiert, was u.a. eine wichtige "Reset"-Funktion in der Endarborisation erf\\xfcllen d\\xfcrfte.\\n\\nDie Endarborisation stellt damit ein - in dieser Form und Auspr\\xe4gung aus der Literatur noch nicht bekanntes - effizientes peripheres mononeuronales Konvergenzsystem dar, das in komplexer Weise essentiell auf aktiven Funktionen dendritischer Natriumkan\\xe4le basiert. Konsequenzen daraus f\\xfcr den neuronalen Informationsverarbeitungsproze\\xdf (analoge Vorverarbeitung) und den Rezeptormechanismus ampull\\xe4rer Organcluster werden diskutiert.'