Vergleichende Untersuchungen an der Netzhaut von Atheriniformes (Teleostei)

Published: July 24, 2001, 11 a.m.

b'Die vorliegende Arbeit stellt eine vergleichende \\u2013anatomische und physiologische-\\nUntersuchung an der Netzhaut von Atheriniformes (Hornhechte, fliegende Fische,\\nHalbschn\\xe4bler, \\xc4hrenfische, Zwischenk\\xe4rpflinge, u. a.) dar. Ziel dieser Studie ist es, unter\\nBer\\xfccksichtigung der verwandtschaftlichen Verh\\xe4ltnisse zu kl\\xe4ren, inwieweit sich in\\nMorphologie und spektraler Empfindlichkeit der \\xe4u\\xdferen Retina Anpassungen an die visuelle\\nUmwelt zeigen. 13 Arten aus 8 Familien wurden licht- und elektronenmikroskopisch\\nuntersucht: Dermogenys pusillus, Hyporamphus affinis (Hemiramphidae); Parexocoetus\\nmento (Exocoetidae); Belone belone, Tylosurus crocodylus, Xenentodon cancila (Belonidae);\\nScomberesox saurus (Scomberesocidae); Oryzias celebenensis (Oryziatidae); Ameca\\nsplendens (Goodeidae); Melanotaenia maccullochi, Glossolepis incisus (Melanotaeniidae);\\nAtherina boyeri, Telmatherina ladigesi (Atherinidae). Die spektrale Empfindlichkeit der\\nPhotorezeptoren wurde bei D. pusillus, B. belone, M. maccullochi, A. boyeri und T. ladigesi\\nmikrospektrophotometrisch, bei M. maccullochi au\\xdferdem histochemisch (NBT-F\\xe4rbung)\\nuntersucht.\\nDer Retinaaufbau entspricht bei allen untersuchten Vertretern der f\\xfcr diurnale Teleostier\\ntypischen Duplexretina. Bez\\xfcglich der morphologischen Befunde und spektralen Ergebnisse\\nlassen sich zwischen den einzelnen Familien und mitunter sogar Arten z. T. deutliche\\nUnterschiede feststellen. Dabei treten innerhalb eines Auges h\\xe4ufig regionale Unterschiede\\nauf. Allerdings weisen bestimmte Gruppen auch gemeinsame Merkmale auf. So stellen neben\\nden bei allen untersuchten Vertretern vorkommenden gleichen und ungleichen Doppelzapfen,\\nbei den Belonidae und Scomberesocidae lediglich lange Einzelzapfen ein regelm\\xe4\\xdfiges\\nMusterelement dar. Die \\xfcbrigen Vertreter besitzen dagegen, zumindest in bestimmten\\nRegionen, zus\\xe4tzlich kurze Einzelzapfen. Melanotaenia weist mittlere Einzelzapfen an Stelle\\nder kurzen und langen Einzelzapfen auf. Bei den meisten Arten lassen sich sporadisch bis\\nlokal h\\xe4ufig, vermehrt in der ventralen Region, sowohl lineare als auch triangul\\xe4re\\nDreifachzapfen beobachten, bei A. splendens sogar Vierfachzapfen. Charakteristisch f\\xfcr die\\nAtherinifomes ist ein vitreo-skleraler Dichtegradient der Ellipsoid-Mitochondrien, aus dem\\nbei einigen Vertretern Riesenmitochondrien am skleralen Ellipsoidende resultieren.\\nMelanotaenia und Oryzias besitzen an der Ellipsoidspitze ellipsosomen\\xe4hnliche K\\xf6rper,\\nAmeca dagegen echte Ellipsosomen, die m\\xf6glicherweise eine Synapomorphie der\\nCyprinodontoidea darstellen und durch selektive Filterung vermutlich der\\nKontrastverst\\xe4rkung dienen.\\nW\\xe4hrend die St\\xe4bchenanordnung bei den \\xc4hrenfischartigen keinerlei Regelm\\xe4\\xdfigkeiten\\naufweist, bilden die Zapfen im helladaptierten Zustand hochgeordnete Muster aus, die\\nmitunter bis in die Synapsenregion verfolgt werden k\\xf6nnen. Reine und verdrehte\\nReihenmuster, sowie Viereckmuster kommen bei nahezu allen Vertretern vor, pentagonale\\nMuster dagegen nur sporadisch. Einen bis dato in dieser Form einmaligen Mustertyp stellt das\\nhexagonale Muster in der dorsalen Retina von B. belone dar, der m\\xf6glicherweise eine\\nAnpassung an das Sehen bei niedrigeren Lichtintensit\\xe4ten darstellt. Reine und verdrehte\\nReihenmuster sowie Viereckmuster stehen h\\xe4ufig in direktem Zusammenhang mit lokalen\\nDoppelzapfendichtemaxima. Solche Dichteh\\xf6chstwerte finden sich in der Regel in\\nRetinaregionen, die Sehreize aus den Hauptblickrichtungen verarbeiten. Diese sind bei den\\nAtheriniformes zumeist nach anterior, anterior-dorsad, anterio-ventrad, sowie dorso-temporad\\ngerichtet. Die funktionelle Bedeutung von Dichtemaxima, Zapfenmuster und\\nZapfenverh\\xe4ltnissen wird unter Ber\\xfccksichtigung der Lebensgewohnheiten des jeweiligen\\nVertreters in Zusammenhang mit den photischen Bedingungen seines Lebensraumes\\ndiskutiert.\\nW\\xe4hrend das \\u03bbmax der St\\xe4bchen mit Wellenl\\xe4ngen um 506nm relativ konstant erscheint,\\nerstreckt sich die spektrale Empfindlichkeit der Zapfen bei den Atheriniformes von 369nm\\n(UV) bis 576nm (rot). Dabei weisen A. boyeri (blau/gr\\xfcn) ein dichromatisches und T. ladigesi\\n(UV/blau/gr\\xfcn), D. pusillus (UV/gr\\xfcn/rot) sowie B. belone (blau/br\\xfcn/rot) ein\\ntrichromatisches Sehen auf. Das Zapfenpigmentrepertoire von M. maccullochi bietet die\\nVoraussetzung f\\xfcr tetrachromatisches Sehen (UV/violett, blau, gr\\xfcn, rot). Verschiedene\\nOpsinfamilien bei Melanotaenia und Dermogenys zeigen Polymorphismus. Hinweise auf ein\\nRhodopsin/Porphyropsingemisch, dessen Verh\\xe4ltnis innerhalb der Retina variiert, finden sich\\nbei Telmatherina. Die zahlreichen unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten lassen sich\\nals Anpassung an die spektralen Eigenschaften des Lebensraumes, die intraspezifische\\nKommunikation oder den Nahrungserwerb deuten. Dabei spielen der violette und ultraviolette\\nBereich des Spektrums unter Umst\\xe4nden eine besondere Rolle als \\u201egeheime Wellenl\\xe4ngen\\u201c\\nim Rahmen der innerartlichen Verst\\xe4ndigung. Vermutlich dient UV-Empfindlichkeit auch\\nder Kontrastverst\\xe4rkung und erleichtert somit die Beutedetektion.\\nAls gemeinsames Merkmal, das den Atherinoidei und Cyprinodontoidei fehlt, besitzen die\\nExocoetoidei pigmentierte Strukturen im Augenbinnenraum, die wahrscheinlich modifizierte\\nProcessus falciformis darstellen. W\\xe4hrend die fliegenden Fische und Halbschn\\xe4bler lediglich\\npigmentierte Zapfen in der Augenkammer aufweisen, zeigen Scomberesox und vor allem die\\nBelonidae ein horizontales intraokulares Septum, das m\\xf6glicherweise der Streulichtabsorption\\nund als Blendschutz dient.\\nDie Ergebnisse insgesamt machen deutlich, dass bei den Atheriniformes neben\\nhochkonservierten Merkmalen auch abgeleitete Retinamerkmale zu beobachten sind, deren\\nAuspr\\xe4gungen einem starken evolutiven Wandel unterliegen. Sie stellen die Voraussetzung\\nf\\xfcr die zahlreichen, vom Grundplan der Ordnung abweichenden Anpassungen an die im\\njeweiligen Mikrohabitat vorherrschenden Lichtbedingungen sowie an verhaltens\\xf6kologische\\nGegebenheiten dar.'