Mechanismen funktioneller Inaktivierung Tumor-infiltrierender Lymphozyten am Beispiel des Nierenzellkarzinoms

Published: April 21, 2004, 11 a.m.

b'Das Nierenzellkarzinom ist die h\\xe4ufigste neoplastische Erkrankung der Niere und stellt das siebth\\xe4ufigste Malignom beim Mann dar, an der in Deutschland jedes Jahr mehr als 11 000 Menschen erkranken. Bei Erstdiagnose sind etwa 13 % der Karzinome bereits metastasiert. Die 1-Jahres-\\xdcberlebensrate dieser Patienten betr\\xe4gt bei rein operativer Behandlung lediglich 15 %. Da das Nierenzellkarzinom keine Strahlensensitivit\\xe4t zeigt und gegen\\xfcber g\\xe4ngigen Chemotherapeutika refrakt\\xe4r ist, wird seit langem nach alternativen Behandlungsm\\xf6glichkeiten gesucht. Hierbei wird ber\\xfccksichtigt, dass das Karzinom zu der relativ kleinen Gruppe immunogener Tumoren gez\\xe4hlt wird, da es m\\xf6glich ist in vitro eine Immunantwort gegen den Tumor zu induzieren. Zudem zeigen einige Patienten Remissionen von Prim\\xe4rtumoren oder Metastasen nach systemischer Gabe von IL-2, so dass scheinbar auch in vivo eine Immunantwort gegen den Tumor ausgel\\xf6st werden kann. Die Tumorgewebe weisen in den meisten F\\xe4llen au\\xdferdem eine sehr starke Infiltration von Lymphozyten auf, unter denen beispielsweise bereits Tumor-spezifische T-Zellen identifiziert werden konnten. Die Lymphozyten scheinen im Tumorgewebe allerdings inaktiv zu sein, da sie das Wachstum des Tumors in vivo nicht verhindern k\\xf6nnen. Die Erkennung und Bek\\xe4mpfung der Ursachen f\\xfcr diese funktionelle Inaktivit\\xe4t der Lymphozyten k\\xf6nnte zu einer Entwicklung neuer immuntherapeutischer Ans\\xe4tze f\\xfchren.\\nIn der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die NK-Zellen innerhalb der infiltrierenden Lymphozyten tats\\xe4chlich in einem funktionell inaktivierten Zustand vorliegen. Sie sind nicht in der Lage Zellen zu lysieren, selbst wenn diese keine MHC-Klasse-I-Molek\\xfcle exprimieren und deshalb von allen NK-Zellen erkannt werden sollten. Durch die direkte ex vivo-Isolierung der Lymphozyten konnte allerdings gezeigt werden, dass die infiltrierenden NK-Zellen durchaus eine ma\\xdfgebliche Effektorpopulation bei der Eliminierung der Tumorzellen darstellen k\\xf6nnen. Ihre Zytotoxizit\\xe4t gegen Tumorzellen konnte bereits \\xfcber eine Kurzzeitkultivierung der Zellen mit IL-2 induziert werden. Die infiltrierenden NK-Zellen waren in der Vergangenheit wenig untersucht worden, da viele Eigenschaften dieser Zellpopulation erst in den letzten Jahren charakterisiert wurden und sowohl Techniken als auch Reagenzien f\\xfcr ihre Beschreibung fehlten. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine NK-Zell-Subpopulation, die durch die Expression des inhibitorischen Rezeptorkomplexes CD94/NKG2A charakterisiert ist, verglichen mit autologen peripheren Lymphozyten im Tumorgewebe \\xfcberrepr\\xe4sentiert ist. \\nDie Charakterisierung weiterer ph\\xe4notypischer und funktioneller Merkmale der infiltrierenden NK-Zellen lie\\xdf vermuten, dass sie sowohl durch das Expressionsmuster der inhibitorischen Rezeptoren, als auch durch die Expression bestimmter Zytokine wie IL-10 sowie durch ihre geringe zytotoxische Aktivit\\xe4t in situ eine Herabregulierung der Immunantwort im Tumorgewebe verursachen. Dass die NK-Zellen jedoch bereits \\xfcber eine Kurzzeitstimulierung mit IL-2 aktivierbar waren, k\\xf6nnte erkl\\xe4ren, warum die Immuntherapie an Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom \\xfcber IL-2 auch in vivo Wirkung gegen die Tumoren zeigen kann. Die Aktivit\\xe4t der NK-Zellen nach dieser Stimulierung konnte allerdings nur dann festgestellt werden, wenn der Anteil der \\nNK-Zellen innerhalb der TIL hoch lag. Somit konnte ein Zusammenhang zwischen der zytotoxischen Aktivit\\xe4t der NK-Zellen und ihrer Anzahl im Tumor festgestellt werden. Allerdings lag keine Korrelation mit der Gr\\xf6\\xdfe und Ausbreitung des Prim\\xe4rtumors vor. Dies scheint nicht verwunderlich, da die NK-Zellen im Tumor funktionell inaktiv sind und den prim\\xe4ren Tumor somit nicht bek\\xe4mpfen k\\xf6nnen. Es w\\xe4re allerdings m\\xf6glich, dass die Anzahl der NK-Zellen nicht nur mit ihrer Aktivierbarkeit im Tumor selbst in Zusammenhang steht, sondern bei diesen Patienten gleichzeitig eine generell bessere Aktivierbarkeit des Immunsystems gegen den Tumor wiederspiegelt. Bei verschiedenen anderen Tumortypen konnte bereits gezeigt werden, dass sowohl die Anzahl als auch die Aktivit\\xe4t der NK-Zellen f\\xfcr die klinische Prognose der Patienten entscheidend sein kann. Somit w\\xe4re m\\xf6glich, dass ein hoher Anteil an NK-Zellen im Tumor einen prognostischen Faktor f\\xfcr das Ansprechen der Patienten auf die systemische Immuntherapie mit IL-2 darstellt und k\\xf6nnte helfen solche Patienten zu selektieren, die somit f\\xfcr diese Therapie mit den zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen in Frage kommen. \\nEine Untersuchung dieses Zusammenhangs ist nun retrospektiv auf einfache Weise m\\xf6glich, da in dieser Arbeit eine Methode dargestellt werden konnte, die es erlaubt die NK-Zellen erstmals \\xfcber eine einfarbige immunhistochemische F\\xe4rbung in asservierten Gewebeproben bereits vor l\\xe4ngerer Zeit operierter Patienten spezifisch zu identifizieren und die Korrelation mit deren klinischem Krankheitsverlauf zu untersuchen. Bisher ist nicht gekl\\xe4rt, warum verschiedene Tumoren unterschiedliche Anteile infiltrierender \\nNK-Zellen aufweisen. Neben einer verst\\xe4rkten Einwanderung von NK-Zellen w\\xe4re es m\\xf6glich, dass NK-Zellen in verschiedenen Tumoren unterschiedlich stark proliferieren k\\xf6nnen. Diese Tumoren weisen dann m\\xf6glicherweise eine verminderte F\\xe4higkeit auf, das Immunsystem zu unterdr\\xfccken und k\\xf6nnten auch aus diesem Grund eine bessere klinische Prognose f\\xfcr die Patienten darstellen. Die Ursachen f\\xfcr die unterschiedliche Aktivierbarkeit der NK-Zellpopulationen konnten bisher ebenso nicht gekl\\xe4rt werden. Hierf\\xfcr w\\xfcrde sich anbieten, Unterschiede in der Genexpression zwischen verschiedenen NK-Zellpopulationen zu suchen, was beispielsweise mithilfe der Array-Technolgie bewerkstelligt werden k\\xf6nnte. Ein Zusammenhang zwischen der Anzahl der NK-Zellen im Tumor und der Prognose f\\xfcr die Tumorpatienten k\\xf6nnte best\\xe4tigen, dass die Population der NK-Zellen in vivo eine ausschlaggebende Effektorpopulation bei der Bek\\xe4mpfung der Tumoren darstellen.\\nWeiterhin wurden in der vorliegenden Arbeit Untersuchungen an infiltrierenden T-Zellen durchgef\\xfchrt, die vermuten lassen, dass sowohl aktivierte T-Zell-Populationen als auch regulatorische T-Zellen im Tumorgewebe vorhanden sind. Dies konnte durch die Expression verschiedener Oberfl\\xe4chenmarker und Proteine wie beispielsweise Foxp3, das spezifisch von regulatorischen T-Zellen exprimiert wird, gezeigt werden. Die Anwesenheit verschiedener regulatorischer Zellen k\\xf6nnte einen entscheidenden Beitrag zu einer funktionellen Inaktivierung der Lymphozyten im Tumor und der damit verbundenen Toleranz gegen\\xfcber Tumorzellen leisten, da bereits gezeigt wurde, dass regulatorische Zellen beispielsweise die Immunantwort gegen Selbst-Antigene, die auch von Tumorzellen exprimiert werden, unterdr\\xfccken k\\xf6nnen.\\nErkenntnisse \\xfcber die Eigenschaften infiltrierender Lymphozyten tragen entscheidend zu einem besseren Verst\\xe4ndnis der immunologischen Vorg\\xe4nge im Nierenzellkarzinom bei. Die in dieser Arbeit aufgezeigten Charakteristika der TIL und die Etablierung einer Methode f\\xfcr die spezifische Identifizierung der NK-Zellen im Gewebe k\\xf6nnten in Zukunft eine Grundlage f\\xfcr die Entwicklung neuer Immuntherapien darstellen, die eine gezielte Aktivierung des Immunsystems gegen den Tumor bewirken k\\xf6nnten.'