Keimbahntransformation mit universellem Marker und neue homootische Gene in Tribolium Castaneum

Published: April 30, 2004, 11 a.m.

b'Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurde zum ersten Mal die Keimbahn eines K\\xe4fers erfolgreich genetisch transformiert. Der von uns zu diesem Zweck in Zusammenarbeit mit Ernst Wimmer entwickelte Transformationsmarker 3xP3-EGFP hat inzwischen sein Potential als spezies-unabh\\xe4ngiges Markergen auch in weiteren Invertebraten-Spezies unter Beweis gestellt und damit das Spektrum transformierbarer Taxa betr\\xe4chtlich erweitert.\\nIn Tribolium konnten Transformationsereignisse mit 3xP3-EGFP f\\xfcr drei verschiedene Transposons - Hermes, Minos und piggyBac - erzielt werden. Die Effizienz betrug dabei 1,4% (Hermes), 11,4% (Minos) bzw. 56% (piggyBac) der fertilen G0 und geh\\xf6rt damit zu den h\\xf6chsten Werten, die in der Literatur f\\xfcr Insekten berichtet wurden. Bei Minos konnte die Effizienz durch die Verwendung von Transposase mRNA statt einem DNA Helper-Plasmid weiter auf 32,4% gesteigert werden. F\\xfcr piggyBac und Minos wurde ferner in Zusammenarbeit mit anderen Labors gezeigt, da\\xdf es sich bei den meisten Transposoninsertionen um unabh\\xe4ngige Einzelintegrationen handelt, die auf verschiedene Chromosomen verteilt sind und stabil weitervererbt werden. Die Gr\\xf6\\xdfe zus\\xe4tzlich transferierter Fremd-DNA kann dabei bei piggyBac mindestens bis zu 9,5 kb betragen. Schlie\\xdflich konnte noch ein piggyBac Element durch Helperinjektion mit einer Rate von 28,1% remobilisiert werden. Zusammen mit der Anf\\xe4lligkeit f\\xfcr enhancer trap Effekte k\\xf6nnen daher mit diesem System alle relevanten Transposon-basierenden Techniken zur funktionellen Genomanalyse angewandt werden.\\nAls erste praktische Anwendung wurden D. melanogaster Sequenzen f\\xfcr anteriore und posteriore mRNA-Lokalisierung (bicoid-3\\u2019UTR und oskar-3\\u2019UTR), sowie ein bicoid-abh\\xe4ngiger Minimalpromotor in Tribolium eingef\\xfchrt. Allerdings konnten durch diese Ans\\xe4tze keine Komponenten oder Mechanismen eines ggf. konservierten maternalen Systems nachgewiesen werden. Ein Konstrukt mit 5,2 kb der upstream Sequenzen von Tc\\u2019hunchback mit lacZ als Reportergen war hingegen in der Lage, das endogene hunchback-Muster gr\\xf6\\xdftenteils nachzubilden. Das fr\\xfchere Ergebnis von Christian Wolff mit Tc\\u2019hunchback in Drosophila, wonach dieses Fragment alle wesentlichen regulatorischen Elemente enth\\xe4lt, konnte daher in transgenen K\\xe4fern best\\xe4tigt werden.\\n \\nZus\\xe4tzlich zu dem als sehr riskant eingestuften Transformations-Projekt wurde parallel ein weiteres Projekt durchgef\\xfchrt, die Analyse der hom\\xf6otischen Mutanten wurm und \\xfcberl\\xe4nge. In beiden Mutanten ist vor allem die Identit\\xe4t der posterioren Segmente ab A9 ver\\xe4ndert. In wurm sind die Segmente A9-A11 nach A8 transformiert und die telsonalen Anh\\xe4nge Urogomphi und Pygopodien fehlen. In \\xfcberl\\xe4nge ist nur A9 wie A8 ausgebildet und demzufolge nicht mit dem Telson fusioniert. Es fehlen nur die Urogomphi. \\xfcberl\\xe4nge bildet zus\\xe4tzlich ein ektopisches Stigma im ersten thorakalen Segment. Es wurde gezeigt, da\\xdf es sich bei den betroffenen Genen um zwei verschiedene Loci handelt, die beide nicht im hom\\xf6otischen Komplex liegen. Obwohl der Ph\\xe4notyp von wurm weitgehend der RNAi-Ph\\xe4nokopie von Abdominal-B entspricht, konnte also keiner dieser beiden Loci einem bekannten Hox-Gen zugeordnet werden. \\nAls m\\xf6gliches Kandidatengen f\\xfcr diese Loci wurde daher das Tribolium-Homolog des regionsspezifischen hom\\xf6otischen Gens spalt kloniert. Die Expression von spalt entspricht weitgehend der von Dm\\u2019spalt, mit einer anterioren und einer posterioren Dom\\xe4ne, einer dorsalen Expression an den seitlichen R\\xe4ndern des Keimstreifs, sowie einem komplexen Muster im Nervensystem. Mit Hilfe der k\\xfcrzlich entwickelten Technik der parentalen RNAi wurde die Funktion dieses Gens untersucht. In sal\\u2013\\u2013 Ph\\xe4nokopien finden sich, wie in Drosophila, anteriore und posteriore Ver\\xe4nderungen von Segmentidentit\\xe4ten. So wird das abdominale Segment A9 in Richtung anteriore abdominale Segmente transformiert. Dadurch tritt ein zus\\xe4tzliches Stigma auf und die Pygopodien gehen verloren, das Segment fusioniert aber weiterhin mit dem Telson. Im Gegensatz zu Drosophila wird aber anterior nicht das Labium ver\\xe4ndert, sondern die Identit\\xe4t der Maxille wird partiell in Richtung Mandibel transformiert: statt dem Enditen der Maxille wird ein mandibel-\\xe4hnlicher Zahn gebildet. Damit kommt offenbar auch spalt nicht als Locus in Frage, der in wurm oder \\xfcberl\\xe4nge seine Funktion verloren hat. M\\xf6glicherweise spielen diese beiden Loci eine Rolle als den HOX-Genen \\xfcbergeordnete regulatorische Gene, oder als Co-Faktor von Abd-B. Damit sind wurm und \\xfcberl\\xe4nge als interessante (und aus Drosophila nicht bekannte) Spieler im hom\\xf6otischen System der Insekten identifiziert, was weitere Untersuchungen als sehr lohnend erscheinen l\\xe4\\xdft. Vor allem aber hat dieses Teilprojekt die Evolution des spalt-Gens erhellt, das in weniger abgeleiteten Insekten offenbar eine essentielle Rolle bei der Spezifizierung von Mandibel versus Maxille spielt. Diese Funktion ist in Drosophila vermutlich im Zuge der Reduktion der Mandibel verloren gegangen.'