Das nicht polymorphe HLA-Klasse-I-Antigen HLA-G wird haupts\xe4chlich in der Plazenta exprimiert, wo es vermutlich den semiallogenen F\xf6tus vor Angriff des m\xfctterlichen Immunsystems sch\xfctzt. Eine Besonderheit von HLA-G ist das Auftreten von mehreren verk\xfcrzten Isoformen, die von alternativ gesplei\xdften Transkripten translatiert werden. Neben dem kompletten membranst\xe4ndigen HLA-G1 mit den extrazellul\xe4ren Dom\xe4nen a1, a2 und a3 existieren die verk\xfcrzten Isoformen HLA-G2 (\u2206a2), HLA-G3 (\u2206a2, \u2206a3) und HLA-G4 (\u2206a3). Au\xdferdem wurden die l\xf6slichen Isoformen HLA-G5 (HLA-G1s), HLA-G6 (HLA-G2s, \u2206a2) und HLA-G7 (HLA-G3s, \u2206a2, \u2206a3) beschrieben.\n\nUm die Expression und Funktion einzelner Isoformen getrennt voneinander und ohne Beeinflussung durch andere MHC-Klasse-I-Molek\xfcle untersuchen zu k\xf6nnen, wurden Transfektanten f\xfcr die Isoformen HLA-G1, HLA-G2, HLA-G4 und HLA-G5 in der HLA-Klasse-I-negativen humanen Zellinie K-562 generiert. HLA-G kann mit inhibitorischen und aktivierenden Rezeptoren auf NK- und T-Zellen in Wechselwirkung treten und so Effektorfunktionen beeinflussen. Die Expression von HLA-G kann au\xdferdem indirekt \xfcber HLA-E auf die Zytotoxizit\xe4t von NK-Zellen und T-Zellen einwirken. Die HLA-E-Expression ist abh\xe4ngig von Peptiden aus den Signalsequenzen von HLA-Klasse-I-schweren Ketten. Zum Ausschlu\xdf der Koexpression des HLA-Klasse-I-Antigens HLA-E auf der Zelloberfl\xe4che wurden HLA-G1mut- und HLA-G4mut-cDNA-Vektoren eingesetzt, deren Exon 1 so ver\xe4ndert ist, da\xdf kein Ligand f\xfcr HLA-E zur Verf\xfcgung gestellt wird.\n\nW\xe4hrend in der Zellinie K-562 HLA-G1 und HLA-G5 auf der Zelloberfl\xe4che exprimiert bzw. sezerniert werden, waren die verk\xfcrzten Isoformen HLA-G2 und HLA-G4 mittels FACS-Analyse mit einer Reihe HLA-Klasse-I- und HLA-G-spezifischer Ak nicht auf der Zelloberfl\xe4che nachweisbar. Diese Ergebnisse korrelieren mit der Sensitivit\xe4t dieser verk\xfcrzten Isoformen gegen\xfcber Endo H. Aus der fehlenden Resistenz der HLA-G2- und HLA-G4-Polypeptide gegen\xfcber Endo H ergibt sich kein Hinweis auf ihren Transport zur Zelloberfl\xe4che. Diese fehlende Oberfl\xe4chenexpression von HLA-G2 und HLA-G4 k\xf6nnte auf einer gest\xf6rten Assoziation mit b2m oder Bestandteilen der MHC-Klasse-I-Prozessierungsmaschinerie beruhen. Kopr\xe4zipitationsexperimente ergaben, da\xdf nur die HLA-G1-schwere Kette mit b2m und TAP assoziiert ist. HLA-G2 lie\xdf sich zwar mit TAP, jedoch nicht mit b2m kopr\xe4zipitieren und HLA-G4 lie\xdf sich weder in Assoziation mit b2m noch mit TAP nachweisen, so da\xdf diesen Isoformen ein wichtiger Bestandteil der vollst\xe4ndigen HLA-I-Komplexe fehlt und bei HLA-G4 au\xdferdem die Beladung mit Peptiden gest\xf6rt ist. Diese Daten sprechen gegen eine Zelloberfl\xe4chenexpression der verk\xfcrzten HLA-G-Isoformen. Im Unterschied zu HLA-G1 war HLA-G5 nicht in Kopr\xe4zipitaten mit TAP zu finden. Daher scheint f\xfcr diese Isoform eine stabile Assoziation mit TAP f\xfcr die Peptidbeladung nicht essentiell zu sein.\n\nZum funktionellen Nachweis von HLA-G wurden Zytotoxizit\xe4tstests mit der Zellinie NKL sowie mit PBL, NK-Zellen und LAK-Zellen aus dem peripheren Blut mehrerer Donoren durchgef\xfchrt. Dabei zeigte sich, da\xdf die Expression der verk\xfcrzten Isoformen HLA-G2 und HLA-G4 die Zytotoxizit\xe4t der verschiedenen Effektorzellen nicht beeinflu\xdfte. HLA-G1 inhibierte die Lyse von K-562 in Abh\xe4ngigkeit von der HLA-G1-Expressionsst\xe4rke und wirkte sich weniger deutlich als eine entsprechende HLA-E-Expression auf die Zytotoxizit\xe4t aus.\n\nNeben der Plazenta wird HLA-G auch in zahlreichen anderen Geweben exprimiert und kann in Tumoren induziert oder hochreguliert werden. Da bei verschiedenen Tumoren die MHC-Klasse-I-Expression aufgrund von Mutationen im b2m-Gen gest\xf6rt ist, wurden HLA-G1-Transfektanten in der b2m-negativen humanen Zellinie Daudi etabliert. Daudi HLA-G1-Transfektanten weisen gegen\xfcber K-562 HLA-G1-Transfektanten eine reduzierte HLA-G-Proteinmenge auf. In Abwesenheit von b2m ist HLA-G1 au\xdferdem nicht resistent gegen\xfcber Endo H und kann auch nach Inkubation der Zellen bei niedrigen Temperaturen und Zugabe von b2m oder Ligand nicht auf der Zelloberfl\xe4che nachgewiesen werden. Da von HLA-B27 bekannt war, da\xdf b2m-freie Homodimere auf der Zelloberfl\xe4che exprimiert werden k\xf6nnen und eine Dimerisierung von HLA-G \xfcber ungepaarte Cysteinreste m\xf6glich ist, wurden die Daudi HLA-G1-Transfektanten auf Anwesenheit von HLA-G1-Dimeren untersucht. In Abwesenheit von b2m waren jedoch keine Dimere nachweisbar. Auch in funktionellen Experimenten mit LAK oder gd T-Zellen hatte die HLA-G-Expression in Daudi HLA?G1-Transfektanten keine Auswirkung auf die Zytotoxizit\xe4t oder Proliferation der Effektorzellen. Die HLA-G1-Expression in b2m-negativen Tumoren tr\xe4gt daher nicht zur Tumorprogression bei.\n\nEine Analyse der Unterschiede in der Expression und der Auswirkungen der HLA-G-Isoformen in verschiedenen Zellinien k\xf6nnte Hinweise auf die Regulation und die Funktion der HLA-G-Expression liefern.