Der Translationsfaktor SelB

Published: Nov. 22, 2002, 11 a.m.

b'Die kotranslationelle Dekodierung des Kodons UGA als Selenocystein erfolgt \\ndurch eine spezifische tRNA (tRNASec), die von Seryl-tRNA Synthetase mit Serin \\nbeladen und anschlie\\xdfend von Selenocystein Synthase (SelA) zu Selenocysteyl-\\ntRNASec umgesetzt wird. Selenophosphat, das als Selendonor f\\xfcr diese Reaktion \\ndient, wird von Selenophosphat Synthetase (SelD) aus Selenid und ATP generiert. \\nDer anschlie\\xdfende Transfer der beladenen tRNA zum Ribosom erfolgt durch den \\nspezialisierten Elongationsfaktor SelB, dessen N-terminale Region Homologie zu \\nEF-Tu zeigt und wie dieses Guanosin-Nukleotide und tRNA bindet. Der C-terminale \\nTeil interagiert zus\\xe4tzlich mit einer als SECIS-Element bezeichneten mRNA-\\nSekund\\xe4rstruktur, die in Bakterien unmittelbar auf das f\\xfcr Selenocystein \\nkodierende UGA-Triplett folgt und f\\xfcr dessen Rekodierung als Sinnkodon \\nverantwortlich ist.\\nDie vorliegende Arbeit besch\\xe4ftigt sich mit den Mechanismen, die der Interaktion \\nvon SelB mit seinen Liganden sowie der Regulation der Selenocystein-\\nBiosynthese durch SelB zu Grunde liegen. Im Einzelnen wurden dabei folgende \\nResultate erhalten:\\n\\n1) Die strikte Diskriminierung zwischen Seryl- und Selenocysteyl-tRNASec durch \\nSelB ist essentiell f\\xfcr das Funktionieren des Selenocystein inkorporierenden Systems. \\nEine gerichtete Mutatagenese der Aminoacyl-Bindetasche von SelB \\nzeigte, dass die Selektivit\\xe4t der tRNA-Bindung vermutlich nicht auf einer \\nspezifischen Erkennung des Aminoacyl-Rests beruht. Nach Zufallsmutagenese \\nkonnten vier SelB-Varianten isoliert werden, die in vivo eine erh\\xf6hte\\nAktivit\\xe4t mit Seryl-tRNASec besitzen. Zwei der Mutationen waren in der G-Dom\\xe4ne \\nvon SelB lokalisiert, die anderen beiden in Dom\\xe4ne 4a. Die biochemische \\nCharakterisierung der mutierten Proteine ergab noch keinen Hinweis auf eine \\nerh\\xf6hte Affinit\\xe4t der SelB-Varianten f\\xfcr Seryl-tRNASec, so dass andere \\nMechanismen f\\xfcr die Erweiterung der Aminos\\xe4ure-Spezifit\\xe4t verantwortlich sein \\nm\\xfcssen.\\n\\n2) Die Interaktion von SelB mit seinen Liganden wurde mit Hilfe von \\nbiochemischen und biophysikalischen Methoden analysiert. Der Elongationsfaktor \\nzeigt im Gegensatz zu vielen anderen G-Proteinen eine h\\xf6here Affinit\\xe4t f\\xfcr GTP \\n(KD = 0,74 \\xb5M) als f\\xfcr GDP (KD = 13,4 \\xb5M),was zusammen mit der hohen \\nDissoziationsrate von GDP (kdis = 15 s-1) darauf hinweist, dass der\\nNukleotidaustausch ohne Katalyse durch einen Austauschfaktor erfolgt. Die \\nKinetiken der Interaktion mit Guanosin-Nukleotiden werden durch die Gegenwart \\neines SECIS-Elements nicht beeinflusst. Die Affinit\\xe4t von SelB zu einem \\nfluoresceinmarkierten SECIS-Transkript liegt im nanomolaren Bereich \\n(KD = 1,23 nM), wobei die Assoziations- und Dissoziationskinetiken sehr\\nschnell sind und durch die Gegenwart von Guanosin-Nukleotiden nicht ver\\xe4ndert werden. \\nIn Gegenwart von Selenocysteyl-tRNASec wurde jedoch eine signifikante \\nVerringerung der Dissoziationsgeschwindigkeit beobachtet, die zu einer \\nStabilisierung der Bindung f\\xfchrt und eine Interaktion zwischen der SECIS- und \\ntRNA-Bindetasche nahelegt. Diese intramolekulare Wechselwirkung wurde durch \\nCharakterisierung der isolierten mRNA-Bindedom\\xe4ne von SelB best\\xe4tigt. Die \\nGleichgewichtslage der einzelnen Reaktionen f\\xfchrt zu einer gerichteten Bildung\\neines Komplexes aus SelB, GTP, Selenocysteyl-tRNASec und dem SECIS-Element, der \\ndurch seine hohe Stabilit\\xe4t auf der mRNA fixiert wird und gleichzeitig eine \\nKonformation annimmt, die seine Interaktion mit dem Ribosom zul\\xe4sst.\\n\\n3) In der 5\\xb4-untranslatierten Region der selAB-mRNA wurde eine Sekund\\xe4rstruktur \\nidentifiziert, die \\xc4hnlichkeit mit dem SECIS-Element aufweist und mit der SelB \\nspezifisch und mit hoher Affinit\\xe4t interagiert. Die Stabilit\\xe4t des Komplexes \\nzwischen SelB und dem SECIS-\\xe4hnlichen Element erh\\xf6ht sich in Gegenwart von \\nSelenocysteyl-tRNASec. Eine Analyse der sel-Genexpression ergab, dass die \\nSynthese von SelA und in geringerem Ausma\\xdf SelB in genetischen Hintergr\\xfcnden, \\ndie eine Assemblierung des quatern\\xe4ren Komplexes aus SelB, GTP, Selenocysteyl-\\ntRNASec und dem SECIS-\\xe4hnlichen Element erlauben, reprimiert ist. Mutationen in \\nsel- Genen f\\xfchren dagegen zu einer erh\\xf6hten intrazellul\\xe4ren Konzentration dieser \\nProteine. Mit Hilfe von Reportergen-Fusionen wurde gezeigt, dass die \\nRepression der selA-Expression direkt von der Bildung eines quatern\\xe4ren \\nKomplexes am SECIS-\\xe4hnlichen Element abh\\xe4ngig ist. Da diese keinen Einfluss auf \\ndie Transkription hat und nur zu einer schwachen Verringerung der mRNA-Menge\\nf\\xfchrt, wurde gefolgert, dass das SECIS-\\xe4hnliche Element eine Regulation der\\nTranslationsinitiation am selA-Gen in Abh\\xe4ngigkeit vom Selenstatus der Zelle \\nerm\\xf6glicht.'