Charakterisierung und Validierung von ENU-Mausvarianten mit beeintrachtigter Fahigkeit zur Objekterkennung

Published: April 30, 2004, 11 a.m.

b'In der Biomedizin haben Tiermodelle eine unentbehrliche Bedeutung erreicht. In den letzten Jahren wurde eine Methode zur Generierung von Tiermodellen eingef\\xfchrt, welche auf willk\\xfcrlichen genetischen Manipulationen mittels der mutagenen Substanz ENU basiert. Hierbei wurden relevante Mausvarianten ausschlie\\xdflich aufgrund ihres Ph\\xe4notyps selektiert und zur Gr\\xfcndung einer neuen Mauslinie verpaart. \\nDa es sich hierbei um einen hypothesenfreien Ansatz handelt, wurde f\\xfcr die Verhaltensph\\xe4notypisierung ein komplexer Versuchsaufbau gew\\xe4hlt, welcher es erlaubte, eine Vielzahl von Verhaltensdimensionen in einem Test zu untersuchen. Aufgrund der schnellen und zuverl\\xe4ssigen Untersuchungsm\\xf6glichkeiten schien das mHB besonders gut geeignet als Hochdurchsatzverfahren im Rahmen des ENU-Projektes. \\nMit dieser Methode wurde eine dominante Mausvariante identifiziert, welche sich durch eine beeintr\\xe4chtigte Objekterkennung von wt Tieren unterschied. Basierend auf diesem F1-Tier wurde die RO-Linie gegr\\xfcndet.\\nIm Laufe der vorliegenden Arbeit wurde die RO-Linie \\xfcber sieben Generationen gez\\xfcchtet und im mHB verhaltenscharakterisiert, um vor allem die Penetranz und Stabilit\\xe4t des Ph\\xe4notyps \\xfcber mehrere Generationen zu untersuchen. Dabei wurde gezeigt, dass RO-M\\xe4use einen sehr selektiven Verhaltensph\\xe4notyp darstellten, der sich ausschlie\\xdflich in der Objekterkennung von wt-Tieren differenzieren lie\\xdf. Die Penetranz des Ph\\xe4notyps lag mit 46% in einem idealen Bereich f\\xfcr einen dominanten Vererbungsgang. Zur weiteren Analyse des Verhaltensph\\xe4notyps von RO-M\\xe4usen wurden diese in zwei selektiven Verhaltenstests, dem Objekterkennungstest und einem r\\xe4umlichen Lerntest, untersucht. W\\xe4hrend sich der Verhaltensph\\xe4notyp in dem selektiven Objekterkennungstest best\\xe4tigte, wurde in dem komplexen r\\xe4umlichen Lerntest kein Unterschied zwischen RO--und wt-M\\xe4usen beobachtet. Folglich konnte gezeigt werden, dass sich die beiden Linien in hippokampusabh\\xe4ngigen Aufgabestellungen nicht voneinander unterschieden.\\nDurch immunhistologische als auch elektrophysiologische Untersuchungen sind Hirnareale im kortikalen Temporallappen definiert, welche zur Wahrnehmung und zur Verarbeitung der Informationen w\\xe4hrend eines Objekterkennungstests aktiviert werden. Auf dieser Kenntnis basierend wurde die c-Fos Expression nach einem Objekterkennungstest von RO-Tieren und wt-M\\xe4usen untersucht. Die Resultate zeigten, dass bei RO-Tieren eine erh\\xf6hte sensorische Aktivit\\xe4t ausgel\\xf6st wurde, jedoch war in der Hirnregion zur Verarbeitung und Speicherung dieser Informationen weniger neuronale Aktivit\\xe4t zu erkennen. Folglich k\\xf6nnte die beeintr\\xe4chtigte F\\xe4higkeit zur Objekterkennung auf einen Unterschied der Tiere bei der Verarbeitung von Ged\\xe4chtnisinhalten zur\\xfcckzuf\\xfchren sein. \\nZur Untersuchung der klinischen Relevanz der RO-M\\xe4use als Tiermodell wurde eine pharmakologische Validierung mit dem Acetylcholinesterasehemmer Metrifonate in einem selektiven Objekterkennungstest durchgef\\xfchrt. Dabei wurde durch die Behandlung mit Metrifonate eine signifikante Verbesserung der Objektdiskriminierung bei RO-Tieren erreicht. Somit ist die RO-Linie als valides klinisches Tiermodell einzustufen.\\nAls erster Versuch zur Ermittelung des manipulierten Gens sollte mittels einer Kopplungsanalyse die chromosomale Region der Mutation im Genom ausfindig gemacht werden. Daf\\xfcr wurden Mikrosatellitenmarker \\xfcber das komplette Genom verteilt und nach einer gekoppelten Vererbung mit dem Ph\\xe4notyp in Form eines rekombinanten Locus abgesucht. Soweit wurde noch keine signifikante Kopplung zwischen dem Ph\\xe4notyp und einem der genetischen Marker gefunden. Dies k\\xf6nnte darauf hindeuten, dass die Abst\\xe4nde zwischen den Mikrosatelliten zu gro\\xdf gew\\xe4hlt waren. Eine zweite Erkl\\xe4rung w\\xe4re, dass der Verhaltensph\\xe4notyp nicht auf einer genetischen Grundlage basierte.'