Anpassung von Salmonella spp. an neue Wirte durch horizontalen Transfer translozierter Effektorproteine

Published: Aug. 13, 2001, 11 a.m.

b'Salmonellosen geh\\xf6ren weltweit zu den drei h\\xe4ufigsten registrierten, lebensmittelbedingten \\nbakteriellen Darmerkrankungen. Dabei sind bestimmte S. enterica-Subspezies-I-Serovare an \\neinen speziellen Wirt adaptiert, andere Serovare zeigen hingegen ein breites Wirtsspektrum. \\nDer Krankheitsverlauf einer Salmonellose wird aber auch von der Spezies des infizierten Wir-\\ntes bestimmt. Je nach infiziertem Wirt k\\xf6nnen beispielsweise milde bis akute Enterocolitis, \\naber auch schwere systemische Infektionen beobachtet werden. \\nUm sich im Laufe ihrer Evolution optimal an ihre Wirte anzupassen, haben Salmonella spp. \\nnach der Abspaltung vom kommensalen E. coli schrittweise neue Virulenzeigenschaften er-\\nworben. Dies geschah vor allem \\xfcber horizontalen Gentransfer (Ochman und Moran, 2001). \\nIm ersten Schritt wurde die Salmonella-Pathogenit\\xe4tsinsel 1 (SPI1), sp\\xe4ter SPI2 erworben. \\nBeide Inseln kodieren jeweils einen Typ-III-Translokationsapparat und dazu geh\\xf6rende trans-\\nlozierte Effektorproteine, welche die Wirtszellreaktionen zum Vorteil des Pathogens modulie-\\nren. Die Inseln sind zu unterschiedlichen Phasen der Salmonellosen aktiv. Das f\\xfcr die Wirts-\\nzellinvasion verantwortliche Typ-III-Translokationssystem von SPI1 kann auch Effektoren in \\ndie Wirtszellen schleusen, die au\\xdferhalb der SPI1 kodiert sind. Der in SPI1 kodierte Translo-\\nkationsapparat ist in Salmonella spp. hoch konserviert (Li et al., 1995). \\nIn der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der translozierten Effektorproteine bei der Evolu-\\ntion von Salmonella spp. hin zu tierpathogenen Erregern untersucht. Es konnte gezeigt wer-\\nden, da\\xdf die meisten SPI1-abh\\xe4ngig translozierten Effektoren (SipA, SipB, SipC, SptP, SopB, \\nSopD und SopE2), ob innerhalb oder au\\xdferhalb von SPI1 kodiert, ebenfalls hoch konserviert \\nvorliegen. Phylogenetische Analysen zeigten, da\\xdf diese konservierten Effektoren fr\\xfch in der \\nSalmonella-Entwicklung, n\\xe4mlich zwischen 50 und 160 Millionen Jahren (im Zeitrahmen der \\nSPI1-Aufnahme), akquiriert wurden. So handelt es sich hierbei um Faktoren mit einer basalen \\nbzw. zentralen Virulenzfunktion, die Salmonella spp. von kommensalen Escherichia spp. \\nunterscheiden. \\nEs konnte gezeigt, da\\xdf die konservierten Effektorproteine SopE2 und SopB ma\\xdfgeblich an \\nder Wirtszellinvasion beteiligt sind (Mirold et al., 2001). Diese Invasion-vermittelnden Effek-\\ntoren sind weit entfernt von SPI1, in separaten chromosomalen Loci, kodiert. Diese Beobach-\\ntung steht in gewissem Widerspruch zur klassischen Definition der Pathogenit\\xe4tsinsel. Die \\ninvasionsrelevanten Effektoren SopB und SopE2 bilden zusammen mit dem SPI1-\\nTranslokationsapparat eine funktionelle Einheit (ein sogenanntes \\u201eInvasionsvirulon\\u201c), obwohl \\nsie nicht -wie f\\xfcr Pathogenit\\xe4tsinseln postuliert- auf demselben chromosomalen Element ko-\\ndiert sind. Zusammen mit den phylogenetischen Daten aus dieser Arbeit, deuten diese Ergeb-\\nnisse daraufhin, da\\xdf der letzte gemeinsame Vorfahre aller heutigen Salmonella spp. bereits \\ns\\xe4mtliche f\\xfcr die Wirtszellinvasion ben\\xf6tigten Effektorproteine kodierte und da\\xdf die Modula-\\ntion der Signaltransduktionswege in der Wirtszelle in S. bongori und in s\\xe4mtlichen S. enteri-\\nca-Subspezies konserviert sind. Es wird vielmehr ein Translokationsmodul durch die SPI1 \\nbereitgestellt, durch das sowohl konservierte als auch variabel vorkommende Effektorproteine \\nin die Wirtszelle geschleust werden k\\xf6nnen. \\nEs konnten jedoch auch Variationen festgestellt werden. Die beiden f\\xfcr die Effektorproteine \\nSopE- und AvrA-kodierenden Gene sind variabel in der Salmonella-Population verteilt. AvrA \\nist am Rande der SPI1 kodiert und es wird vermutet, da\\xdf es nicht zum Kern der SPI1 geh\\xf6rt. \\nDas variable SopE ist bei Zentisom 60 des Salmonella-Chromosoms, abgetrennt von SPI1 \\n(Zentisom 63), kodiert. Das variable Effektorprotein SopE und wahrscheinlich auch AvrA \\ntragen vermutlich als \\u201eAdaptationsproteine\\u201c zur Feinmodulation der Wechselwirkung mit \\ndem Wirt bei. Vermutlich existieren noch wesentlich mehr variable Effektorproteine, die zu \\ndieser Feinanpassung beitragen. \\nIn dieser Arbeit wurde weiterhin der horizontale Transfer von sopE detailliert untersucht. \\nSopE ist in Typhimurium auf SopE\\u03a6, einem Bakteriophagen der P2-Familie, kodiert. SopE ist \\ndas erste Effektorproteingen, bei dem die horizontale \\xdcbertragung \\xfcber den Mechanismus der \\nlysogenen Konversion nachgewiesen werden konnte. Bisher war bei Salmonella spp. nur der \\nPhagen-vermittelte horizontale Transfer durch Transduktion bekannt. Die spezifische Integra-\\ntionsstelle von SopE\\u03a6 in das Salmonella-Chromosom wurde n\\xe4her charakterisiert. Es konnte \\ngezeigt werden, da\\xdf SopE\\u0424 in der attL-Region eines bereits integrierten kryptischen Propha-\\ngen (CP4-57) integriert ist, der seinerseits in ssrA, dem Gen f\\xfcr die kleine stabile tmRNS, \\nintegriert ist. \\nEpidemiologische Untersuchungen wiesen zudem darauf hin, da\\xdf der Erwerb des sopE-Gens \\ndurch lysogene Konversion mit SopE\\u0424 einen selektiven Vorteil gegen\\xfcber sopE-negativen \\nTyphimurium-St\\xe4mmen darstellen. SopE-tragende S. enterica-Subspezies-I-Serovar Typhi-\\nmurium-St\\xe4mme l\\xf6sten in den siebziger und achtziger Jahren verst\\xe4rkt Epidemien aus. Dar\\xfc-\\nberhinaus konnte gezeigt werden, da\\xdf SopE\\u0424-Lysogene eine gesteigerte Virulenz aufweisen. \\nDies wurde sowohl in Zellkulturversuchen (diese Arbeit) als auch in Rinderinfektionsversu-\\nchen (Zhang, zur Publikation eingereicht) experimentell nachgewiesen. \\nSchlie\\xdflich wurde in dieser Arbeit auf die Koevolution von Salmonella spp. und Virulenzfak-\\ntor-tragenden Bakteriophagen untersucht. Es wurde festgestellt, da\\xdf die genetischen Mecha-\\nnismen, welche den Modulaustausch zwischen Bakteriophagen vermitteln, auch dazu f\\xfchren, \\ndie Flexibilit\\xe4t der Salmonella spp. bez\\xfcglich der Wirtsanpassung zu steigern. Dieser Mecha-\\nnismus stellt m\\xf6glicherweise f\\xfcr die Bakterien und damit auch f\\xfcr die assoziierten Bakteri-\\nophagen einen Selektionsvorteil dar. Es wurde beobachtet, da\\xdf der Virulenzfaktor SopE in \\neinigen Serovaren der S. enterica-Subspezies-I nicht auf einem P2-\\xe4hnlichen sondern auf ei-\\nnem lambdoiden Bakteriophagen kodiert ist. Es konnte demzufolge zum ersten Mal beobach-\\ntet werden, da\\xdf ein Virulenz-vermittelndes Effektorproteingen in dem Genom zweier ver-\\nschiedener Phagenfamilien kodiert ist und durch diese Phagen m\\xf6glicherweise horizontal \\ntransferiert werden kann. Die ermittelten DNS-Sequenzen um sopE lassen vermuten, da\\xdf eine \\nkonservierte sopE-tragende Kassette (oder \\u201eMoron\\u201c) durch homologe Rekombination zwi-\\nschen den zwei verschiedenen Bakteriophagenfamilien (P2- und lambdoid) transferiert wor-\\nden ist. Diese Art des Transfers von Virulenzgen-Modulen zwischen verschiedenen Phagen-\\nFamilien erlaubt die flexible Neukombination von Phagen-kodierten Effektorproteinen. \\nZusammenfassend l\\xe4\\xdft sich feststellen, da\\xdf variabel vorkommende translozierte Effektorpro-\\nteine die Pathogen-Wirt-Beziehung optimieren k\\xf6nnen. Neukombinationen dieser Effektoren \\nk\\xf6nnen \\xfcber horizontalen Transfer hergestellt werden und somit die optimale Anpassung an \\ndie jeweiligen Wirte gew\\xe4hrleisten. Dabei spielt der horizontale Transfer von Virulenzgenen \\n\\xfcber konvertierende Bakteriophagen eine wesentliche Rolle. G\\xfcnstige Kombinationen von \\nvariablen Effektorproteinen sind wahrscheinlich entscheidend an der Entstehung neuer Epi-\\ndemiest\\xe4mme beteiligt. Die effizienten horizontalen Transfermechanismen zwischen ver-\\nschiedenen Salmonella spp. als auch zwischen verschiedenen Phagenfamilien tragen so dazu \\nbei, da\\xdf Salmonella spp. ein \\xe4u\\xdferst breites Spektrum von Wirten infizieren k\\xf6nnen und da\\xdf \\nneue Epidemieklone mit h\\xf6herer Frequenz entstehen k\\xf6nnen.'