Literaturkritik.de: Holtz verbrennt Geld – Ingo Schulze erzählt die DDR als Schelmenstück

Published: Sept. 24, 2019, 1 p.m.

Peter Holtz: Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst

Eine Rezension von  Jörg Schuster

Der Zerfall von Staaten lässt sich am besten im Koma erleben. Das führte vor 15 Jahren bereits Wolfgang Becker mit seinem Erfolgsfilm Good Bye, Lenin! vor. Bekanntlich wird dort der im Frühsommer 1990 nach neun Monaten aus dem Koma erwachenden Christiane Kern mittels Ostprodukten und -fernsehsendungen vorgegaukelt, die alte heile DDR-Welt existiere noch. Da sich die Realität aber auf Dauer nicht leugnen lässt, wird schließlich der Mauerfall nachgeholt und dahingehend umgedeutet, dass es zu einer Massenflucht aus dem Westen in den Osten gekommen sei.

Auch der DDR-Bürger Peter Holtz, Protagonist in Ingo Schulzes gleichnamigem Roman, sinniert am Tag der Grenzöffnung über Maßnahmen, „falls Verfolgte, Arme und Obdachlose zu uns kommen wollen“. Und auch er fällt im Dezember 1989 nach einem Autounfall für Monate ins Koma – mit enormen weltgeschichtlichen Folgen. Denn Holtz, Mitglied der Ost-CDU und enger Vertrauter des späteren ersten freigewählten DDR-Ministerpräsidenten, wäre, so vermutet ein Freund, mit seinem „christlichen kommunistischen Furor“ den Westpolitikern so auf die Nerven gegangen, dass sie sich das Projekt Deutsche Einheit noch einmal gut überlegt hätten.

Es las Uwe Kullnick.

Den Text der Rezension finden Sie hier.