Die schöne bunte Unterwasserwelt – Siegfried Lenz erzählt in „Florian, der Karpfen“ sensibel von Fischen – von Thorsten Paprotny

Published: Dec. 30, 2021, 4 p.m.

Der Nachlass von Siegfried Lenz birgt weitere Kostbarkeiten für die Leserschaft. Die Naturverbundenheit des Erzählers bleibt zeitlebens sanft eingezeichnet in den literarischen Kosmos, stets jenseits romantischer Verklärung und sentimentalischer Emphase. Öffentlich geehrt und von der Leserschaft verehrt wird der 2014 verstorbene Schriftsteller, der nie zynisch, grimmig oder artifiziell ironisch seine Gestalten vorführt und ausliefert, bis heute. Er schreibt mit Sympathie und Mitgefühl. Von Fischen, nicht vom Fischen, berichtet Lenz in dieser Geschichte. Von ihnen könne man nur in „biblischem Tonfall“ sprechen, seien sie doch älter als die Menschen und erst recht älter als die Angler. In den Band eingefügt ist auch eines der wenigen Gedichte von Siegfried Lenz, das 1948 entstanden ist, wie im Vorwort berichtet wird, und „zwischen seinen Vorlesungsmitschriften zum Literatur- und Philosophiestudium“ wiederentdeckt wurde. …

Siegfried Lenz, 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, gestorben 2014 in Hamburg, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Seit seinem Debütroman Es waren Habichte in der Luft von 1951 veröffentlichte er alle seine Romane, Erzählungen, Essays und Bühnenwerke im Hoffmann und Campe Verlag. Mit den masurischen Geschichten So zärtlich war Suleyken hatte er 1955 seinen ersten großen Erfolg. Sein Werk ist geprägt von der Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Problemen (z.B. Der Mann im Strom, 1957, oder Brot und Spiele, 1959) und mit dem Nationalssozialismus bzw. seiner Aufarbeitung. Zu Lenz’ größtem Erfolg wurde der 1968 erschienene Roman Deutschstunde. Bis heute ist die Geschichte eines Polizisten, der im Nationalsozialismus das Malverbot seines Freundes überwacht, eine bestechende Entlarvung eines pervertierten Pflichtgefühls. Das Buch wurde verfilmt, avancierte zur Pflichtlektüre an Schulen und war international ein großer Erfolg. Der Deutschstunde folgten viele weitere große Romane (Das Vorbild, 1973, Heimatmuseum, 1978, Der Verlust, 1981, Exerzierplatz, 1985, Die Auflehnung, 1994, Landesbühne, 2009), welche Siegfried Lenz neben Schriftstellern wie Heinrich Böll, Günter Grass oder Martin Walser zu einem der wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren machte. Sein zweiter Roman Der Überläufer erschien postum im Jahr 2016 und wurde ein großer Erfolg. Für seine Bücher wurde er mit zahlreichen bedeutenden Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den Gerhart-Hauptmann-Preis, dem Thomas-Mann-Preis und dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte 2009.