Einzelmolekul-Kraftspektroskopie an molekularen Maschinen und Rezeptor-Ligand-Systemen

Published: Dec. 6, 2005, 11 a.m.

Biologische molekulare Maschinen erf\xfcllen in der Natur zentrale Aufgaben und erstrecken sich \xfcber alle Bereiche des Lebens. Ihren Aufbau und ihre Funktionsweise im Detail zu untersuchen und zu verstehen, ist ein gro\xdfes Feld der aktuellen Forschung. \n\nInspiriert durch die biologischen molekularen Maschinen wurde in den letzten Jahren versucht, k\xfcnstliche molekulare Maschinen aufzubauen. Einer dieser Ans\xe4tze verwendet ein photoaktives Polymer, das durch das Bestrahlen mit Licht unterschiedlicher Wellenl\xe4nge kontrahiert oder relaxiert werden kann. Wird dieses photoaktive Polymer an ein Kraftspektroskop gekoppelt und \xfcber Totale Interne Reflexion (TIR) angeregt, so l\xe4sst sich damit eine k\xfcnstliche molekulare Maschine realisieren, die aus einem einzelnen Polymer besteht. Bestandteil dieses photoaktiven Polymers sind Azobenzoleinheiten, die reversibel zwischen der cis- und der trans-Konformation geschaltet werden k\xf6nnen. Dadurch wird das Polymer (Azobenzolpolypeptid) kontrahiert oder relaxiert und kann Arbeit an der Cantileverspitze des Kraftspektroskops verrichten.\n\nEin Ziel dieser Arbeit war es, ein detailliertes Verst\xe4ndnis dieser k\xfcnstlichen molekularen Maschine zu erlangen. Dazu wurde zuerst das Schalten der Azobenzoleinheiten im Polymer bei niedriger Kraft demonstriert. Anschlie\xdfend wurde eine externe Kraft angelegt und beobachtet, dass sich das Schaltverhalten erst bei sehr hohen Kr\xe4ften ver\xe4ndert. \n\nDas zweite Ziel war die Entwicklung eines theoretischen Modells, zur Beschreibung der Kraft-Abstandskurve des Azobenzolpolypeptid \xfcber den gesamten Kraftbereich. Dazu wurden ab-initio quantenmechanische Rechnungen f\xfcr das Azobenzol durchgef\xfchrt und mit dem Modell der \u201eFrei-Rotierenden-Kette\u201c kombiniert. Dieses Modell hat den Vorteil, dass es mit der Segmentl\xe4nge und der Anzahl der Monomere als Fittparameter auskommt. Es ist nun m\xf6glich die Kraft-Abstandskurven des Azobenzolpolypeptid direkt durch die Anzahl der Azobenzoleinheiten in der trans- und in der cis-Konformation \xfcber den ganzen Kraftbereich (0 bis 1000pN) zu beschreiben. Das Schaltverhalten des Polymers wird damit durch das Verh\xe4ltnis der Anteile im cis- bzw. trans-Zustand ausgedr\xfcckt.\n\nEin weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit war die Untersuchung eines Rezeptor-Ligand-Systems. Am Beispiel des anti-Digoxigenin Antik\xf6rpers gegen Digoxigenin wurden Experimente \xfcber einen gro\xdfen Bereich von Kraftladungsraten durchgef\xfchrt. Dadurch zeigte sich, dass die bisherige Analysemethode nur grobe Einblicke in die Energielandschaft der Rezeptor-Ligand-Wechselwirkung zul\xe4sst. Es konnte beispielsweise eine nat\xfcrliche Dissoziationsrate von koff=0.015s-1 aus den kraftspektroskopischen Experimenten bestimmt werden, die mit Messungen an Fv-Fragmenten am Ensemble gut \xfcbereinstimmen (koff=0.023s-1). \nAussagen bez\xfcglich der Energielandschaft gestalteten sich schwieriger. Zuerst wurde das Maximum der Krafthistogramme als Funktion der Maxima der Ladungsratenhistogramme in einem Diagramm dargestellt. Dieses Diagramm wurde nach der Methode von Evans ausgewertet. Daraus ergab sich f\xfcr den niedrigen Ladungsratenbereich die obige Dissoziationsrate von koff=0.015s-1 und eine Potentialweite von Dx=1.15nm. F\xfcr den hohen Ladungsratenbereich ergab sich eine Dissoziationsrate von koff=4.56s-1 und eine Potentialweite von Dx=0.35nm. Mit diesen Werten wurde nun versucht, die einzelnen Krafthistogramme f\xfcr alle Ladungsraten zu fitten. Es hatte sich gezeigt, dass es bei niedrigen und bei hohen Ladungsraten eine \xdcbereinstimmung zwischen dem gemessenen Krafthistogramm und der berechneten Wahrscheinlichkeitsverteilung gab. Allerdings konnte bei sehr hohen Ladungsraten und in dem \xdcbergansbereich zwischen den beiden Bereichen keine \xdcbereinstimmung erzielt werden. Daher sind Aussagen \xfcber die Energielandschaft nur beschr\xe4nkt m\xf6glich. Um eine vollst\xe4ndige Auswertung der experimentellen Daten zu erreichen, werden weitere Entwicklungen bez\xfcglich des theoretischen Modells n\xf6tig sein. Ein Ansatz besteht darin, ein m\xf6gliches Potential anzunehmen und darauf die Theorie von Kramers anwenden. Das Ergebnis w\xe4re dann eine kraftabh\xe4ngige Dissoziationskonstante koff f\xfcr ein spezielles Potential. \nDes Weiteren wurde in dieser Arbeit ein Mehrkanal-Oberfl\xe4chen-Plasmonen-Resonanz (SPR)-Spektrometer aufgebaut und charakterisiert.