Die unter dem Einfluss von Organismen entstehenden Minerale k\xf6nnen entweder lediglich ein Nebenprodukt des Metabolismus sein oder aber eine Funktion aufweisen, wof\xfcr ihre Eigenschaften und Morphologie gezielt vom Organismus gesteuert werden. Der erstere Fall der bioinduzierten Mineralisation wurde in dieser Arbeit bei der F\xe4llung des Minerals Schwertmannit (Fe8O8(OH)6SO4) durch den Bakterienstamm Leptospirillum ferrooxidans angetroffen. Die urspr\xfcnglich als bio-spezifisch eingesch\xe4tzte Morphologie des Minerals konnte in abiotischen Experimenten unter geeigneten Bedingungen erhalten werden. Die in dieser Arbeit am Beispiel der calcitischen Brachiopodenschalen, Seeigelstacheln und Seeigelz\xe4hne untersuchten Produkte der gesteuerten Biomineralisation sind Kompositwerkstoffe, deren Eigenschaften aus der Kombination von weichen organischen und harten mineralischen Komponenten entstehen. Sie sind funktionsangepasste Strukturen, f\xfcr die ein anorganischer Bildungsmechanismus nicht in Frage kommen kann. \n\nDie Bildung der Minerale und deren Eigenschaften wurden mit Hilfe von Rasterelektronenmikroskopie, R\xfcckstreuelektronenbeugung, Transmissionselektronenmikroskopie, R\xf6ntgenbeugung, Mikroh\xe4rtenmessungen nach Vickers und Nanoindentation untersucht. Durch Messungen mit niedriger Beschleunigungsspannung konnte die laterale Aufl\xf6sung der R\xfcckstreuelektronenbeugung verbessert werden. Eine Verbesserung der Winkelgenauigkeit der R\xfcckstreuelektronenbeugung wurde durch einen statistischen Ansatz erreicht. \n\nDurch vergleichende biotische und abiotische Syntheseexperimente wurde die Bildung von Schwertmannit durch Leptospirillum ferroooxidans als Prozess einer bioinduzierten Mineralisation identifiziert. Die abiotischen Synthesewege beinhalten sowohl zweiwertige als auch dreiwertige Eisenl\xf6sungen als Ausgangsmaterial und nutzen verschiedene Wege der Oxidation und/oder Pr\xe4zipitation von Schwertmannit. Die so gef\xe4llten Proben zeigten unterschiedliche Morphologien des Minerals, worunter aber auch die "Igelmorphologie" zu finden war, die in der Literatur als mit Schwertmannit-Nadeln \xfcberwachsene Zellen angesehen worden war.\n\n \n\nRietveld-Anpassungen des R\xf6ntgenbeugungsprofils des amorphen bis nanokristallinen Minerals zeigen, dass die Kristallitgr\xf6\xdfe anisotrop ist. Sie ist je nach Bildungsbedingungen 2-2.5 nm senkrecht und als 5-11 nm parallel zu Kan\xe4len, die durch das Netzwerk von [FeO6]3- -Oktaedern in der Struktur gebildet werden. \n \nDie Untersuchungen des Aufbaus calcitischer Brachiopodenschalen zeigen, dass Brachiopodenschalen, je nach Spezies, aus bis zu drei distinkten Mikrostrukturen bestehen k\xf6nnen: Kolumnare Schicht, faserige Schicht und Prim\xe4rschicht. Die Mikrostruktur und Textur der kolumnaren Schicht kann durch einen kompetitiven Wachstumsprozess erkl\xe4rt werden, der auch bei anorganischen Prozessen angetroffen werden kann. Eine Erkl\xe4rung der Mikrostruktur der fasrigen Schicht und der Prim\xe4rschicht ist hingegen nicht durch Prozesse, die aus anorganischen Systemen bekannt sind, m\xf6glich. Die Mikrostruktur der Prim\xe4rschicht, die in dieser Arbeit erstmalig mit Hilfe von r\xe4umlich hochaufl\xf6sender R\xfcckstreuelektronenbeugung aufgekl\xe4rt wurde, \xe4hnelt dendritischen Strukturen. Eine derartig stark verzahnte und hochwiderstandsf\xe4hige Mikrostruktur ist bisher bei keinem anderen einphasigen Material bekannt und wird durch einen Entstehungsprozess aus einem amorphen CaCO3 (ACC) Precursor erkl\xe4rt, der seinerseits eine Agglomeration von ACC-gef\xfcllten Vesikeln entstand. Die Vickerh\xe4rten der einzelnen Schichten in Brachiopodenschalen schwanken zwischen 200 und 520 HV (0.005/10) und sind damit deutlich h\xe4rter als bei anorganisch geformtem Calcit (150-170 HV 0.005/10). Mikrostruktur, Textur und Anordnung der Schichten innerhalb von Brachiopodenschalen maximieren deren Bruchfestigkeit. \n\nSeeigel bilden Calcit mit einem starken Grad an kristallographischer Vorzugsorientierung. Diese Vorzugsorientierung ist bei Seeigelstacheln so hoch, dass diese hochpor\xf6sen Konstrukte als Einkristalle bezeichnet werden. Eine genaue, r\xe4umlich aufgel\xf6ste Messung der Orientierung der Kristallite mit Hilfe von R\xfcckstreuelektronenbeugungsmessungen mit hoher Winkelaufl\xf6sung zeigten, dass es interne Verkippungen bis zu 0.5\xb0 gibt. Diese Verkippungen in Seeigelstacheln erlauben R\xfcckschl\xfcsse auf deren Bildung. Die r\xe4umlich aufgel\xf6ste chemische Analyse in Kombination mit r\xe4umlich aufgel\xf6ster mechanischer Charakterisierung zeigt, dass der Mg Gehalt (molares Mg/Ca Verh\xe4ltnnis 1-6 %) in Seeigelstacheln nicht mit Nanoh\xe4rte (4-4,5 GPa) und E-Modulus (50-80 GPa) korrelierbar ist. Die Nanhoh\xe4rte von Seeigelstacheln liegt deutlich h\xf6her als bei anorganisch gebildetem Calcit (3.0 +/- 0.2\\,GPa), w\xe4hrend deren E-Moduli \xe4hnlich sind (70 +/- 5\\,GPa).\n\nDiese Arbeit untersucht erstmals die Mikrostruktur von Seeigelz\xe4hnen mit R\xfcckstreuelektronenbeugung. Die Untersuchungen zeigen, dass die gro\xdfen strukturellen Einheiten, Steinteil, lamellarer Nadel Komplex, Prismen, Prim\xe4r-, Sekund\xe4r- und Karinarplatten, 3-5\xb0 gegeneinander verkippt sind. Diese Bereiche selbst sind wieder in Untereinheiten strukturiert, beispielsweise einzelne Platten, die 1-2\xb0 gegeneinander verkippt sind. Diese Untersuchungen zeigen jedoch auch, dass die Bereiche ineinandergreifen k\xf6nnen und eine strikte Unterscheidung nicht immer m\xf6glich ist. F\xfcr dieses Material wird der Begriff des Kompositkristalls vorgeschlagen. Das molare Mg/Ca Verh\xe4ltnis der untersuchten Seeigelz\xe4hne liegt bei 10-25 % und ist positiv mit der Nanoh\xe4rte (4-8 GPa) korreliert. Die Kombination der Messung der pr\xe4zisen kristallographischen Orientierung, mikrostrukturellen, chemischen und mechanischen Eigenschaften tr\xe4gt zu einem tiefergehenden Verst\xe4ndnis des Selbstsch\xe4rfungsmechanismuses der Seeigelz\xe4hne bei. So konnte beispielsweise der h\xe4ufig diskutierte Einfluss der prominenten 104-Spaltfl\xe4che von Calcit ausgeschlossen werden.