Benthos-Foraminiferen in Extremhabitaten

Published: Dec. 12, 2008, 11 a.m.

Das Auftriebsgebiet vor Namibia ist eines der produktivsten Gebiete der Weltmeere. Die hohe organische Flu\xdfrate zur Sedimentoberfl\xe4che kann nicht vollst\xe4ndig abgebaut werden. Im inneren bis mittleren Schelfbereich akkumulieren dadurch hoch organische, bis zu 14 m m\xe4chtige, Diatomeenschlicke (EMEIS et al. 2004). Hier kommt es durch bakterielle Aktivit\xe4t zur Sauerstoffzehrung bis zur Anoxis, zusammen mit der Bildung von Schwefelwasserstoff und Methan (EMEIS et al. 2004, WEEKS 2004). In solchen Sedimenten spielt die Denitrifizierung eine bedeutende Rolle im Stickstoffkreislauf (TYRRELL & LUCAS 2002). Die Denitrifizierung war lange Zeit nur von Bakterien bekannt, allerdings konnte sie mittlerweile auch f\xfcr Foraminiferen nachgewiesen werden (RISGAARD-PETERSON et al. 2006, H\xd8GSLUND et al. 2008). \nNur in den am st\xe4rksten an Sauerstoff verarmten Sedimenten (O2 \u2264 0,3 ml l-1) des Diatomeeng\xfcrtels vor Namibia wurde die Benthosforaminiere Virgulinella fragilis lebend (gef\xe4rbt) aufgefunden (vgl. auch ALTENBACH et al. 2002). Diese ist als Art bekannt, welche an ein sauerstoffarmes und sulfidisches Milieu angepasst ist (BERNHARD 2003) und damit als Proxy f\xfcr solche Extremenhabitate gelten kann.\nDie bearbeiteten Proben wurden w\xe4hrend der Ausfahrt M57 des Forschungsschiffes Meteor im Jahr 2003 im Zuge des DFG-Projekts Al 331/14-1 in 29-2074 m Wassertiefe vor Namibia gewonnen. Anhand der Proben konnten die Verteilungsmuster der Benthosforaminiferen des Diatomeeng\xfcrtels und der anliegenden Bereiche verglichen werden. Hierf\xfcr wurden taxonomische und faunistische Auswertungen mit physikalischen und chemischen Analysen verglichen. \nAnhand der vorliegenden Ergebnisse kann der namibianische Schelf in vier Siedlungszonen (Gruppen A bis D) eingeteilt werden. Die A-Gruppe umfasst die flachsten Stationen, die von terrigenen Eintrag und Hydrodynamik stark gepr\xe4gt sind. Die Stationen der D-Gruppe liegen im \xe4u\xdferen Schelf und am Kontinentalhang. Die Foraminiferen-Assoziationen und die geochemischen Parameter dieser Gruppe tendieren zu normal marinem Milieu. Die Stationen des Diatomeeng\xfcrtels werden in die B-Gruppe mit lebenden Virgulinella fragilis und die C-Gruppe mit toten V. fragilis geteilt. Die Sauerstoffgehalte der B-Gruppe liegen nicht \xfcber 0,3 ml l1-, ansonsten k\xf6nnen die beiden Gruppen B und C anhand der physikalischen und che-mischen Parameter nicht unterschieden werden. Das Auftreten von V. fragilis wird von einem Konsortium von drei weiteren Foraminiferen-Arten umrahmt. Ihr sporadisches, aber gemeinsames Auftreten auch in gr\xf6\xdferer Sedimenttiefe (bis 19 cm) l\xe4sst vermuten, dass sie aufgrund von erh\xf6hten Sauerstoffgehalten an der Sedimentoberfl\xe4che in Richtung der Redoxkline in gr\xf6\xdfere Sedimenttiefen migrieren. Auf ein pulsierendes Redoxpotential deuten Schwefelbakterien (SCHULZ & SCHULZ 2005) und sedimentchemische Untersuchungen (BORCHERS et al. 2005) hin. Auch die variierende Anzahl von teratologischen Geh\xe4usen und die extrem niedrigen \u03b413C-Werten von V. fragilis d\xfcrften auf das zeitlich und lokal schwankende Redoxverh\xe4ltnis zur\xfcckzuf\xfchren sein. \nF\xfcr zwei Arten des Konsortiums kann fakultative Denitrifizierung angenommen werden (RISGAARD-PETERSON et al. 2006, H\xd8GSLUND et al. 2008). Daher d\xfcrfte sich das Konsortium durch tempor\xe4re oder persistierende Denitrifizierung ern\xe4hren, und somit in den Extremhabitaten Namibias erfolgreich siedeln. F\xfcr das Auftriebsgebiet vor Chile konnte dies in situ nachgewiesen werden (H\xd8GSLUND et al. 2008).\nDie \xe4ltesten Vertreter der Gattung Virgulinella sind seit dem Oligoz\xe4n (HAGN 1952, STOLYAROV 2001) bis in das Plioz\xe4n (REVETS 1991) bekannt. Sie zeigen eine extreme morphologische \xc4hnlichkeit zur rezenten Virgulinella fragilis. Sedimentologische Untersuchungen der namibianischen Schelfsedimente deuten auf reduzierende Verh\xe4ltnisse seit dem Mioz\xe4n hin (BATURIN 2002). Somit k\xf6nnten in der Zukunft tiefer reichende Sedimentprofile eine l\xfcckenlose Aufnahme der Morphotypen, und somit der evolutiven Anpassung der Gattung vor Namibia, aufzeigen.