Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen der Tunika von Cystodytes dellechiajei DELLA VALLE (Urochordata, Ascidiacea)

Published: Feb. 19, 2002, 11 a.m.

In der vorliegenden Dissertation wurde mit licht- und elektronenmikroskopischen Methoden die\nTunika von Cystodytes dellechiajei (Ascidiacea, Aplousobranchia) histologisch und cytologisch\nuntersucht. Diese koloniebildende Ascidie kommt in zwei Farbvarianten (violette und graugr\xfcne\nKolonien) im Mittelmeer vor. Beide Farbvarianten enthalten pharmakologisch interessante,\nintensiv farbige Pyridoacridinalkaloide. Bisher lagen allerdings noch keine Informationen\ndar\xfcber vor, in welchen Organen der Tiere diese Sekund\xe4rstoffe lokalisiert sind bzw. welche\nZellen sie produzieren. Daher wurden zun\xe4chst die Gewebeelemente der Ascidie charakterisiert.\nEine mittelgro\xdfe Kolonie enth\xe4lt ca. 100 Zooide, die vollst\xe4ndig in eine gemeinsame Tunika\neingebettet sind. Die Tunika bildet mit \xfcber 98 % das Hauptvolumen der Kolonien, w\xe4hrend\nZooidgewebe nur einen Volumenanteil von 1,25 % ausmachen.\nDie Kolonien werden nach au\xdfen von einer 70 - 100 nm dicken Cuticula abgeschlossen,\ndarunter befindet sich eine subcuticul\xe4re Schicht aus sehr dicht angeordneten Matrixfasern\n(Faserabst\xe4nde < 0,5 \xb5m).\nDie Tunikamatrix besteht aus drehrunden Fasern (\xd8 15-25 nm) die in Streutextur ein dichtes\nGeflecht bilden. Eine histochemische Analyse der Matrix zeigte, da\xdf sie zu einem gro\xdfen Teil\naus Mukopolysacchariden aufgebaut ist.\nDie Zooide liegen in individuellen, nach oben offenen Hohlr\xe4umen, die von einer dichten\nSchicht aus Matrixfasern ausgekleidet sind. Jedes Zooid besitzt zudem eine Kapsel aus\n\xfcberlappend angeordneten, scheibenf\xf6rmigen Kalkschuppen. Die Zooide sind durch\nindividuelle Kan\xe4le mit der Meerwasserumgebung verbunden. Jeder Kanal besitzt an seinem\ndistalen Ende eine sechslappige \xd6ffnung aus Tunikagewebe, die ge\xf6ffnet und verschlossen\nwerden kann.\nDie Tunika enth\xe4lt sechs verschiedene Zelltypen: Blasenzellen, Pigmentzellen, granul\xe4re und\nvakuolisierte filopodiale Zellen, kompartimentierte Zellen und Morulazellen.\nBlasenzellen besitzen eine gro\xdfe Vakuole (\xd8 ca. 60 \xb5m), die mit Schwefels\xe4ure (pH 1) gef\xfcllt\nist. Blasenzellen bilden den Hauptanteil des Tunikavolumens.\nIn violetten Pigmentzellen konnten pharmakologisch aktive Pyridoacridinalkaloide (= violette\nPigmente) nachgewiesen werden. Das Pigment der gr\xfcnen Kolonien wurde chemisch bisher\nnicht identifiziert. Die cytotoxischen Stoffe werden \xfcber ein komplexes System aus Fibrillen\nund Pigmentk\xf6rnern in der Vakuole angereichert. Violette und gr\xfcne Pigmentzellen unterscheiden\nsich in Anzahl und Gr\xf6\xdfe der Pigmentk\xf6rner, besitzen aber denselben Grundaufbau\naus fibrill\xe4ren und granul\xe4ren Elementen innerhalb der Vakuole. Je nach physiologischem\nZustand der Pigmentzellen kommen verschiedene Bautypen von Pigmentzellen vor:\nOligojunktionale, polyjunktionale und agranul\xe4re Pigmentzellen. Beim polyjunktionalen und\nagranul\xe4ren Typ liegt eine \xdcberproduktion an Netzwerkfibrillen vor, w\xe4hrend der oligojunktionale Typ ein ausgewogenes Verh\xe4ltnis an Netzwerkfibrillen und Pigmentk\xf6rnern\nenth\xe4lt. Die Mehrzahl der Pigmentzellen ist oligojunktional, daher wird dieser Typ auch als\n\u201eGrundtyp\u201d bezeichnet.\nFilopodiale Zellen haben mehrere lange cytoplasmatische Ausl\xe4ufer, die netzwerkartig die\nTunika durchziehen. Granul\xe4re filopodiale Zellen enthalten zahlreiche eosinophile Granula mit\nverschieden elektronendichtem Inhalt. Vakuolisierte filopodiale Zellen besitzen keine oder nur\nsehr wenige Granula. Beide Typen der filopodialen Zellen phagocytieren in der Tunikamatrix\nvorkommende Bakterienzellen. In filopodialen Zellen wurden h\xe4ufig gro\xdfe lysosomale\nKompartimente nachgewiesen. Filopodiale Zellen k\xf6nnten einen universalen Zelltyp darstellen,\nder aus den Zooiden in die Tunika einwandert und sich dort in die \xfcbrigen Tunkazelltypen\numwandelt.\nKompartimentierte Zellen enthalten gro\xdfe lysosomale Kompartimente, die mit myelinartigen\nMembrank\xf6rpern und granul\xe4rem Material gef\xfcllt sind. Die kompartimentierten Zellen enthalten\nh\xe4ufig gro\xdfe Mengen an Bakterien des Typs A.\nIn der Tunika wurden dar\xfcber hinaus gro\xdfe Mengen an st\xe4bchenf\xf6rmigen Bakterienzellen drei\nverschiedener Strukturtypen (Typ A, B, C) nachgewiesen. Bakterienzellen des Typs A sind\nGram-positive St\xe4bchen, Zellen der Typen B und C sind Gram-negativ. Filopodiale Zellen\nphagocytieren vor allem Bakterien des Typs B und C, w\xe4hrend in kompartimentierten Zellen\ngro\xdfe Mengen an Bakterien des Typs A nachgewiesen werden konnten (intrazellul\xe4re\nBakteriendichten bis 1011 Zellen/ml). Aus Tunikagewebe wurden drei verschiedene Bakterienst\xe4mme\nisoliert, kultiviert und mikroskopisch untersucht. Alle drei St\xe4mme sind Gram-negativ\nund unbegei\xdfelt, sind also wahrscheinlich dem in der Tunika nachgewiesenen Typ B\nzuzuordnen. Die Isolate bilden h\xe4ufig pleomorphe Zellen aus, die meisten Zellen sind jedoch\nst\xe4bchenf\xf6rmig.\nDie Tunika der Larven von C. dellechiajei ist vierschichtig. Nur die innerste Schicht, das \u201dinner\ncompartment\u201d enth\xe4lt granul\xe4re filopodiale Zellen, Pigmentzellen und Blasenzellen.\nKompartimentierte Zellen und Morulazellen fehlen. Dar\xfcber hinaus enth\xe4lt das inner\ncompartment Mischformen zwischen granul\xe4ren filopodialen Zellen und Blasen- bzw.\nPigmentzellen und Ansammlungen st\xe4bchenf\xf6rmiger, Gram-negativer Bakterienzellen.