Konvergenz afferenter und kommissuraler Signale aus den Bogengangen und den Otolithenorganen beim Grasfrosch (Rana temporaria)

Published: Nov. 26, 2001, 11 a.m.

In vitro-Experimente wurden am isolierten Hirnstamm von Fr\xf6schen durchgef\xfchrt. Die\neinzelnen Nerven\xe4ste der Bogeng\xe4nge und der Lagena wurden auf jeder Seite des Gehirns\ngetrennt elektrisch stimuliert. Afferente und kommissurale Antworten wurden intrazellul\xe4r in\nvestibul\xe4ren Neuronen zweiter Ordnung (2\xb0VN) gemessen. Das Projektionsmuster eines Teils\ndieser 2\xb0VN wurde durch antidrome Stimulation der okulomotorischen Kerne und des\nzervikalen R\xfcckenmarks bestimmt.\nBei der H\xe4lfte aller identifizierten 2\xb0VN konnte ein monosynaptisches EPSP nach Stimulation\ndes ipsilateralen Lagena-Nerven registriert werden. Etwa ein Viertel dieser Neurone erhielt\neinen monosynaptischen Eingang ausschlie\xdflich von der Lagena, die anderen drei Viertel der\nNeurone erhielten zus\xe4tzlich noch ein monosynaptisches EPSP von einem oder mehreren\nipsilateralen Bogeng\xe4ngen. In den Neuronen mit einem konvergenten monosynaptischen\nEingang von der Lagena und einem der drei Bogeng\xe4nge stammte der Bogengangs-Eingang\nentweder vom anterioren vertikalen oder vom posterioren vertikalen Bogengang, aber nie\nvom horizontalen Bogengang. Kommissurale Eing\xe4nge nach Stimulation des kontralateralen\nLagena-Nerven waren erregender Natur und wurden in vertikalen Bogengangs-Neuronen und\nin Lagena-Neuronen, nicht aber in horizontalen Bogengangs-Neuronen angetroffen. Diese\nbemerkenswerte Spezifit\xe4t der monosynaptischen Konvergenz f\xfcr Lagena- und vertikale\nBogengangsinformationen stimmt mit der Koaktivierung der entsprechenden vestibul\xe4ren\nSinnesorgane bei nat\xfcrlichen Bewegungen \xfcberein.\nDie andere H\xe4lfte der registrierten 2\xb0VN erhielt ein monosynaptisches EPSP ausschlie\xdflich\nnach Stimulation der ipsilateralen Bogengangs-Nerven. Die Mehrheit (91%) dieser\n2\xb0Bogengangs-Neurone erhielt einen monosynaptischen Eingang von nur einem der drei\nipsilateralen Bogeng\xe4nge, der Rest entweder von zwei (8%) oder von allen drei Bogeng\xe4ngen\n(1%). Die meisten 2\xb0Bogengangs-Neurone (79%) mit einem monosynaptischen Eingang von\nnur einem Bogengang erhielten eine kommissurale Hemmung vom kontralateralen\nBogengang der gleichen Drehebene (koplanar) und eine kommissurale Erregung von einem\noder zwei der anderen beiden kontralateralen nicht-koplanaren Bogeng\xe4nge. Die koplanaren\nhemmenden Signale wiesen disynaptische (78%) oder trisynaptische Latenzen auf. Im ersten\nFall wurde die Hemmung direkt, also ohne weitere Verschaltung von einem 2\xb0Bogengangs-\nNeuron im gegen\xfcberliegenden vestibul\xe4ren Kern vermittelt. Im zweiten Fall war ein zus\xe4tzliches Interneuron dazwischen geschaltet. Erregende kommissurale Eing\xe4nge nach\nStimulation des gesamten VIII. Hirnnerven sind auf erregende Signale der kontralateralen\nnicht-koplanaren Bogeng\xe4nge und einer daraus resultierenden Maskierung der kommissuralen\nbogengangs-spezifischen Hemmung zur\xfcckzuf\xfchren. Somit sind auch beim Frosch die\nfunktionellen Strukturen vorhanden, die als neuronale Grundlage f\xfcr eine \u201epush-pull-\nOrganisation\u201c bei Kopfbewegungen bei der Katze dienen.\nAxone von 2\xb0Bogengangs-Neuronen projizierten absteigend zum R\xfcckenmark, aufsteigend\nzu den okulomotorischen Kernen oder \xfcber Axonkollaterale ab- und aufsteigend. Axone von\n2\xb0Lagena-Neuronen projizierten ausnahmslos zum R\xfcckenmark, nicht aber zu den\nokulomotorischen Kernen. Diese elektophysiologischen Untersuchungsergebnisse sind\nkompatibel mit in vivo-Studien, die zeigen dass Informationen \xfcber vertikale\nLinearbeschleunigung bei Vertebraten praktisch keine Bedeutung f\xfcr den makulo-okul\xe4ren\nReflex haben.