Katastrophe oder Chance: Wie sollen Medien uber das Klima berichten?

Published: April 8, 2022, 4 a.m.

b'Anfang September 2020 schreibt die deutsche Journalistin Sara Schurmann einen offenen Brief an ihre Kolleginnen und Kollegen in den Nachrichtenredaktionen. Die zweite Corona-Welle nimmt gerade ihren Anlauf, und die Berichterstattung \\xfcber die Klimastreiks 2019 ist Berichten \\xfcber Infektionszahlen gewichen. In ihrem Brief fordert Schurmann die Journalistinnen und Journalisten auf, die Klimakrise ernster zu nehmen \\u2013 und ihr in den Medien den Platz zu geben, den sie verdient.\\n\\nSeitdem hat sich einiges ver\\xe4ndert: Viele Medien geben Berichten \\xfcber die Klimakrise wieder mehr Raum, widmen dem Thema Ressorts, Newsletter, Podcasts. "Aber wir m\\xfcssen anfangen, Klima \\xfcberall mitzudenken", sagt Schurmann, die im STANDARD-Podcast "Edition Zukunft Klimafragen" zu ihrem k\\xfcrzlich erschienenen Buch Klartext Klima zu Gast war. "Im Endeffekt muss jeder Journalist ein Klimajournalist werden."\\n\\nBestimmte Kr\\xe4fte, etwa Lobbys der Fossilindustrie, w\\xfcrden aber immer wieder Scheinargumente in den Diskurs einbringen, um Klimaschutz zu verz\\xf6gern. Dass das funktioniere, liege auch an der Arbeitsweise von Medien. "Wir Journalistinnen versuchen ja immer, auf jedes Thema und aus jedem Blickwinkel kritisch zu schauen", sagt Schurmann. Bei vielen, etwa politischen, Themen sei das auch richtig. "Aber vor allem in den Politikredaktionen fehlt auch ein wenig das Bewusstsein, dass es in den Naturwissenschaften ein Richtig und ein Falsch gibt", so die Journalistin. Man k\\xf6nne an wissenschaftlichen Berechnungen ablesen, ob ein Politikansatz sinnvoll ist oder nicht. Hier w\\xfcnscht sich Schurmann mehr Einordnung durch Journalistinnen und Journalisten.\\n\\nImmer wieder in der Diskussion steht zudem die Frage, wie sehr sich Klimajournalismus an den Aktivismus ann\\xe4hern darf. Vergangenes Jahr kooperierten etwa mehrere deutsche Medien mit der Umweltbewegung, der Stern produzierte gar ein eigenes Heft gemeinsam mit Fridays for Future. "Ich finde diese Projekte nicht per se verwerflich, weil alles absolut transparent gemacht wurde", sagt Schurmann. Bei Foto- oder Reisereportagen sei das hingegen oft nicht der Fall, merkt sie an.\\n\\nViele Journalistinnen und Journalisten, die zur Klimakrise arbeiten, fragen sich au\\xdferdem, inwiefern man sich auch privat f\\xfcr das Klima einsetzen darf. Schurmann hat dieses Dilemma f\\xfcr sich lange so gel\\xf6st, dass sie gar nicht auf Demonstrationen ging. Als sie nach einiger Zeit eine Frauendemo besuchte und danach eine unter dem Motto Black Lives Matter, sah sie darin kein Problem \\u2013 schlie\\xdflich seien das Themen, zu denen gesellschaftlich ein breiter Konsens besteht.\\n\\n"Aber es ist irgendwie absurd, dass man da beim Klima immer noch anders denkt", sagt Schurmann. Die Klimakrise sei schlie\\xdflich ein wissenschaftliches Faktum, bei Protesten gehe es um die Sicherung der Lebensgrundlagen f\\xfcr alle Lebewesen auf der Erde. "Wenn wir das nicht tun, wei\\xdf ich auch nicht, wie wir Menschenrechte und Demokratie aufrechterhalten wollen", sagt Schurmann.\\n\\nDoch wie kommuniziert man nun ein so vielschichtiges Problem wie die Klimakrise? F\\xfcr Schurmann braucht es im Klimajournalismus vor allem drei Komponenten: "Hier stehen wir jetzt, so schlimm kann es werden \\u2013 aber auch: So gut kann es werden", sagt die Journalistin. Um den Status quo zu vermitteln, sei es besonders wichtig, Dinge aus dem Alltag herauszupicken, um den Menschen zu zeigen, wo die Krise schon \\xfcberall ist.\\n\\nDoch auch wenn die Folgen des Klimawandels verheerend sind \\u2013 Studien haben gezeigt, dass Menschen bei negativen Nachrichten oft auf Durchzug schalten. Deshalb sei es wichtig, auch ein positives Bild zu zeichnen. "Wie k\\xf6nnte unsere Zukunft aussehen, wenn wir jetzt den Schalter umlegen?", fragt Schurmann. So k\\xf6nne man das Gef\\xfchl der Ohnmacht, das sich bei vielen breitmacht, verhindern.'