Performed by Hugo Wolf Quartet at the Hofburg Chapel Vienna on 20 Oct 2010.\n\nIn seiner Erz\xe4hlung \u201cTl\xf6n, Uqbar, Orbis Tertius\u201d berichtet der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges von einer fiktiven Kultur, deren Sprache keinerlei Hauptw\xf6rter kennt:\n\n\u201cEs gibt kein Wort, das dem Wort 'Mond' entspricht, aber es gibt ein Verbum, das im Lateinischen 'lunare' oder bei uns 'monden' lauten w\xfcrde. Der Mond ging \xfcber dem Flu\xdf auf lautet: bl\xf6r u fang axaxcas ml\xf6 oder in genauer Wortfolge: 'Empor hinter dauer-flie\xdfen mondet'es (Xul Solar \xfcbersetzt in knapper Form: upa tras perfluyue lun\xf3. Upward, behind the onstreaming it mooned).\u201d\n\nEinfachste Aussagen lassen sich in dieser Sprache nur durch komplizierte grammatikalische Konstruktionen ausdr\xfccken, die jedoch voller Poesie und Zauber sind, wie im oben zitierten Beispiel, dem mein Quartett seinen Titel verdankt.\n\nDas Streichquartett gilt seit jeher als K\xf6nigsdisziplin der Komposition und Ort musikalischer Experimente: Vier gleichberechtigte Individuen \u2013 verk\xf6rpert durch vier Streichinstrumente \u2013 treten in einen musikalischen Diskurs, so, als w\xfcrden hier \u201cvier vern\xfcnftige Leute sich miteinander unterhalten\u201d, wie Goethe einst anmerkte.\n\nWas passiert aber, wenn diese (Klang)Sprache nicht mehr bedingungslos funktioniert, weil sie eines ihrer wesentlichsten Elemente \u2013 der Hauptworte \u2013 beraubt wurde? Diese paradoxe Frage faszinierte mich ungemein, als ich vor 10 Jahren begann, mein drittes Streichquartett zu komponieren. Ich verzichtete in diesem St\xfcck auf melodischen Formulierungen, die \u2013 als Inbegriff des Thematischen \u2013 einst als die Substantive einer musikalischen Sprache fungierten.\n\nDiese bewu\xdft gew\xe4hlte Einschr\xe4nkung (die ich von dem franz\xf6sischen Dichter Georges Perec gelernt habe, der einen ganzen Roman ohne den Buchstaben \u2018e\u2019 geschrieben hat) empfand ich weniger als Zwang, sondern als Befreiung von gewissen musiksprachlichen Klischees, die der Gattung des Streichquartetts immer noch anhaften. In meiner kompositorischen Arbeit konzentrierte ich mich auf wenige Grundelemente: langgezogene Lieget\xf6ne, innerlich bewegte Texturen, Pulsationen und expressive Klangeruptionen. Wie ein Alchemist in seiner Hexenk\xfcche lie\xdf ich daraus eine Vielzahl musikalischer Gestalten wuchern, die ich kunstvoll miteinander vernetzte, um damit ein Maximum an Expressivit\xe4t und klangsinnlicher Intensit\xe4t zu erzielen.\n\nInfo: http://www.essl.at/works/upward.html