Lorenz Schwachh\xf6fer ist seit 2003 Professor f\xfcr Mathematik an der TU Dortmund. Gudrun kennt ihn aus ihrer Zeit als als Hochuldozentin dort (2004-2008). Seinen kurzen Gastaufenthalt in der AG von Prof. Tuschmann in Karlsruhe wollten die beiden ausnutzen, um ein Podcast-Gespr\xe4ch zu f\xfchren. Das Forschungsgebiet von Lorenz Schwachh\xf6fer geh\xf6rt zur Differentialgeometrie. Deshalb dreht sich ihr Gespr\xe4ch um zentrale Begriffe in diesem mathematischen Gebiet zwischen Geometrie und Analysis: Die Kr\xfcmmung und das Finden von Minimalfl\xe4chen. Der Begriff Kr\xfcmmung kommt in unserer Alltagssprache vor. Die Mathematik muss das Konzept von "gekr\xfcmmt sein" nur klar fassen, um damit pr\xe4zise arbeiten zu k\xf6nnen. Die zentrale Eigenschaft, die durch das Wort beschrieben wird, ist wie sehr sich eine Fl\xe4che von einer Ebene unterscheidet. Oder auch wie stark sich eine Kurve von einer Geraden unterscheidet. Eine Ebene (bzw.eine Gerade) ist nicht gekr\xfcmmt. Mathematisch ausgedr\xfcckt haben sie deshalb die Kr\xfcmmung 0. Wenn man nun untersuchen - und mit einer Zahl ausdr\xfccken - m\xf6chte, wie sehr sich z.B. eine Kurve in jedem Punkt von eine Gerade unterscheidet, verwendet man folgenden Trick: Man definiert einen Parameter - z.B. die Bogenl\xe4nge - und stellt die Kurve als Funktion dieses Parameters dar. Dann berechnet man die \xc4nderung des Richtungsvektors der Kurve in jedem Punkt. D.h. man braucht die zweite Ableitung nach dem Parameter in dem Punkt. Das Ergebnis f\xfcr einen Kreis mit Radius r lautet dann: Er hat \xfcberall die Kr\xfcmmung 1/r. Daran sieht man auch, dass kleine Kreise sehr stark gekr\xfcmmt sind w\xe4hrend sehr gro\xdfe Kreise eine so kleine Kr\xfcmmung haben, dass man sie fast nicht von einer Geraden unterscheiden kann. Auch die Erdoberfl\xe4che wirkt lokal wie eine Ebene, denn in der mit unseren Augen wahrgenommenen Umgebung ist ihre Kr\xfcmmung klein. Was f\xfcr Kurven recht anschaulich zu definieren geht, ist f\xfcr Fl\xe4chen im dreidimensionalen Raum nicht ganz so klar. Das einzig klare ist, dass f\xfcr jede Art Kr\xfcmmung, die man mathematisch definiert, jede Ebene in jedem Punkt die Kr\xfcmmung 0 haben muss. Wenn man die Idee der Parametrisierung auf Fl\xe4chen \xfcbertr\xe4gt, geht das im Prinzip auch, wenn man zwei Parameter einf\xfchrt und Kr\xfcmmung auf eine bestimmte Richtung im Punkt auf der Fl\xe4che entlang bezieht. Beim Zylinder kann man sich gut vorstellen, wie das Ergebnis aussieht: Es gibt die Richtung entlang der Kreislinie des Querschnitts. Diese Kurve ist ein Kreis und hat die Kr\xfcmmung 1/r. L\xe4uft man dazu im rechten Winkel auf der Zylinderh\xfclle, folgt man einer Gerade (d.h. Kr\xfcmmung in diese Richtung ist 0). Alle anderen Wege auf der Zylinderoberfl\xe4che liegen in Bezug auf die Kr\xfcmmung zwischen diesen beiden Werten 1/r und 0. Tats\xe4chlich kann man auch f\xfcr allgemeine Fl\xe4chen zeigen, dass man in jedem Punkt eine Zerlegung in zwei solche "Haupt"-Richtungen findet, f\xfcr die maximale bzw. minimale Kr\xfcmmungswerte gelten (und die senkrecht zueinander sind). (...)